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sven1421

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Dienstag, 1. Januar 2013, 07:39

Am ersten Tag eines Neuen Jahres erscheint hier nun erstmalig SchreibeLink24-exklusiv meine erste Kurzgeschichte 2013! Inspiriert durch die draußen vor meinem Fenster vereinzelt noch immer auftretenden Knaller der langsam zuende gehenden Silvesternacht und den sich am 15. dieses Monats zum 94. Male jährenden Todestag einer nicht ganz unbedeutenden Frau, deren Ausspruch "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden" als Grundgedanke der DDR-Bürgerrechtsbewegung im Jahre 1989 wiederauflebte und damit die Wende hin zur Maueröffnung und zur deutsch-deutschen Wiedervereinigung mit einleitete.
Ihrer Person und ihrem Andenken widme ich diese kleine Story ... Übrigens auch mein 250. Beitrag hier im Forum! :bluemchen:

Rosa Nachtgedanken

Draußen knallt es immer noch ... oder vielmehr schon wieder. Dabei hatte ich doch so sehr gehofft, es sei gerade hier in Deutschland endlich einmal vorbei mit dieser wahnsinnigen Knallerei.

Ob ich Angst habe? Aber natürlich hab ich Angst! Und das nicht nur, weil ich eine kleines zerbrechliches Frauenzimmer bin. Nein, meine Herren, keineswegs! Schließlich habe ich in meinen vergangenen Lebensjahren schon so vieles erlebt und durchgestanden, was die Kraft und den Mut eines ganzen Kerls oder eben einer gestandenen Frau erforderte. Und außerdem: Auch dem Karl, dessen erbärmlich geschundene Gestalt sie hier jetzt gerade vor meinen Augen durch die polternde Drehtür des Hotelfoyers so unsanft ins Freie befördern, schlottern deutlich erkennbar die blutigen Knie.

Was sie mit ihm vorhaben, fragt ihr?! Nun ja, ich denke, ich weiß es! Habe ich doch auch die großen Plakate an den Litfaßsäulen Berlins gesehen, von denen es deutlich lesbar fettgedruckt unter Nennung seines wie auch meines Namens in diesen Tagen schwarz auf rot ausruft: "Schlagt sie tot!". Daß das keine leere Todesdrohung ist, kann ich mir dabei nur allzu lebhaft vorstellen - ich, die ich in den letzten Stunden aus allernächster Nähe in die versteinerten Minen jener kahlgeschorenen altgermanischen Kriegerschädel schauen durfte. Blanker Haß loderte in ihren Augen, während sie mich stießen, schlugen und anspien. Geifer tropfte und lief ihnen aus den Mundwinkeln, während sie mich zusammenschrien und um die Wette gegen mich hetzten. Die unterm Einfluß des zuvor von ihnen in strömenden Massen konsumierten blutroten Weines glasig gewordenen, verschwommenen Blicke aber verrieten dabei stets eine diabolisch geprägte, bislang ungestillte Mordlust, die sie unter allen Umständen noch in dieser Nacht zu befriedigen gedenken.

So lebe denn wohl, Karl! Guter, alter, lieber Freund, der Du soeben in einem ihrer schwarzen Wagen meinem vorausschauenden Blicke entschwunden bist! Du, der Du vor gar nicht langer Zeit als Einziger den Mut besaßt, das Wort und auch Dich selbst zu erheben, um dem gleichgeschaltet weltkriegerischen Treiben im Deutschen Reichstag ein klares und entschiedenes Nein entgegenzuschleudern. Ich bewundere Dich dafür - ebenso sehr, wie jene, die im völkermordenden Kriegspielen den einzig gewinnbringenden Sinn ihres Lebens zu erkennen glauben, Dich seitdem genau dafür verachtet haben! Ermorden werden sie Dich heute! Feige ermorden, um Dich dadurch auf ewig mundtot zu machen ... durch Erschlagen oder Erschießen mit jenen Waffen, deren Bereitstellung Du ihnen damals gegen alle Widerstände so tapfer zu verwehren suchtest!

Was sie dann wohl mit mir tun werden, wollt ihr wissen?! Sie, die sie mich in den stundenlangen, demütigenden Verhören hier im Hotel mit dem paradiesischen Namen Eden die Hölle auf Erden durchleben ließen und mich dabei mehrmals als "ihr kleines rosarotes Januarkätzchen" betitelten?! Tja, sie werden wohl das mit mir machen, was man von jeher auf dem Lande mit solchen kleinen unschuldigen Januarkätzchen zu tun pflegte. Zuerst mit einem brutalen Schlag auf den Kopf betäuben und dann ertränken. Ganz recht: Ertränken werden sie meinen leblosen Körper im Landwehrkanal oder aber in der Spree, deren Wasser um diese frühe Jahreszeit genauso eiskalt sind wie sie. Sie, diese seelenlosen Uniformgestalten, die beim Erhalt ihres grauen Feldrocks neben der Zivilkleidung zugleich auch jegliche menschliche Regung mit ablegten. Zu menschenverachtenden gräulichen Ratten, die scharenweise ausströmend Unheil und Elend über die gesamte Menschheit bringen, hat man sie beim alltäglich stupiden Drill hinter den hohen widerhallenden Mauern trostloser Kasernenhöfe mutieren lassen. Zu Jawoll- und damit auch zu ewigen Ja-Sagern sind sie verkommen, denen dann irgendein selbsternannter Anführer einfach nur noch irgendetwas zu befehlen braucht, um sie ihm widerspruchslos bis in den Tod folgen zu lassen. Einen Tod, in den jeder von ihnen zuvor oft noch hunderte wenn nicht gar tausende unschuldige Männer, Frauen und Kinder mitreißt.

Na bitte, jetzt ist also auch meine Zeit gekommen! Mit ihren Gewehrkolben schubsen sie mich auf dem hier sorgsam ausgerollten roten Teppich vor sich her. Lustig machen sie sich, wenn ich unter ihren kräftigen Stößen kurz zusammenzucke und ins Wanken gerate. Erneut knallt es dabei rings um mich herum. Rechts und links neben mir im Hotelfoyer die Sektkorken der Freikorps-Offiziere, die meinen nunmehr endgültigen Abgang scheinbar schon einmal gebührend feiern wollen. Direkt hinter mir im andressierten Gleichschritt die Sohlen ihrer mich abführenden Stiefelknechte. Und vor mir draußen in der Dunkelheit immer wieder vereinzelt Gewehrschüsse. Jeder einzelne von ihnen aber bringt ein kleines unscheinbares und dennoch so unschätzbar wertvolles Lebenslicht in der Reichshauptstadt zum Erlöschen ...

Ob ihr nicht irgendetwas tun könnt?! Nun, wenn ihr mich so fragt: Für mich selbst wohl nicht mehr. Mein grausames Schicksal ist längst besiegelt! Aber für unser Vaterland und sein Volk sowie für das friedliche Zusammenleben der gesamten Menschheit, da könnt ihr sehr wohl etwas tun! Achtet mir doch einfach darauf, daß ihr euch selbst nicht uniformieren und gleichschalten laßt und zudem verhindert, daß ein derart brutaler, die Würde des einzelnen Menschen immer wieder mit Füßen tretender und die kostbare Freiheit des Andersdenkenden zu Boden knüppelnder Ungeist jemals die Macht im Lande ergreifen kann! Dazu mahnen uns die Toten all der zahllosen blutbesudelten Schlachtfelder eines jahrhundertelangen sinnlosen Völkermordens! Und mit ihnen eben nun auch ich, Eure kleine ungebrochene und dennoch in dieser Januarnacht des Nachkriegsjahres 1919 ach so rasch dahinwelkende Rose Rosa!

[ENDE]


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Angel (1. Januar 2013, 08:52)

sven1421

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22

Dienstag, 10. September 2013, 20:21

Es ist mal wieder Zeit für eine Geschichte von mir. Ein Dreivierteljahr nach der letzten Kurzgeschichte und knapp 23 Jahre nach einem recht schweren Verlust ... ;(:

Der Abschied vom alten Fritz

- Dem Gedenken an meinen Großvater gewidmet -

Ein paar einsame Tränen bahnten sich den Weg über eine leichtstopplige rauhe Wange und tropften am Ende nahezu lautlos auf die Erde herab. Umgehend verschmolzen sie dort – nur noch rasch ein kleinwenig Staub aufwirbelnd - mit dem sägespanübersäten, nach jeder Form von Feuchtigkeit geradezu lechzenden Zuckersandboden.

Im schummrigen Halbdunkel des ihn umgebenden Holzschuppens knüpften die spröden, rissigen Hände des hochgewachsenen, alten Mannes, dessen von einer unheimlichen Lebensmüdigkeit getrübten Augen jene salzigen Perlen entsprungen waren, am losen Ende eines geflochtenen Seiles einen festen Knoten, aus dem sie mittels weniger geschickter Griffe Sekunden später eine Schlinge hervorzauberten. Mit einem weiteren Knoten am anderen Ende wurde der Strick kurzerhand an einem der tragfähigen Querbalken unterhalb des eigenhändig geteerten Schuppendachs angebracht.

Völlig problemlos glitt im nächsten Moment ohne jede Spur von Zögern das kahle Haupt des greisen Mannes mit seinem leicht abstehenden Ohr auf der einen und dem kläglichen Rest des anderen fast vollständig wegoperierten Ohres auf der anderen Seite durch die leicht aufgezogene Seilschlinge hindurch. Geradezu zärtlich schmiegte sich der fasrige Strick um die, überm Kragen des ausgewaschenen Hemds schutzlos freiliegende Kehle. Zehn zittrige Finger aber umfaßten in der Folge die Schlinge am selbstgemachten Knoten und zogen ihn langsam zu, bis sie den kompletten Hals hauteng umschloß.

Es war keineswegs einfach für solch einen großen Mann wie ihn, seinem bescheidenen Leben in einem solch kleingeratenen Bretterverschlag wie diesem ein freiwilliges Ende zu setzen. Erhängen kam da von vornherein gar nicht erst infrage, sondern nur ein mit weitaus mehr Willensstärke und Todesmut verbundenes Strangulieren. Und dennoch war Fritz Salomon an jenem kühlen Dezembertag zum Äußersten entschlossen. Würde er damit doch den schon jetzt fast unerträglichen Schmerzen, welche der aus Richtung seines arg verstümmelten Ohres nun unaufhaltsam in Richtung Hirn weiterkriechende Krebs ihm Tag und Nacht bescherte, ein für allemal ein Ende bereiten.

Und so ballte der alte Mann noch einmal die Fäuste und ging langsam in die Knie. Sein müder Leib beugte sich in diesem Moment dem Unvermeidlichen, wollte er doch zeitlebens immer eins - keinem Menschen zur Last fallen. Wozu sein Ableben noch unnötig in die Länge ziehn?! Mögen ihm vielleicht auch noch ein gutes Dutzend Monate bleiben, bis ihn der sichere Tod ereilt, was für ein letztes Jahr würde das dann wohl sein. Sollte er sich als bibbernder, sabbernder Greis geistig völlig umnachtet zur Zimmerdecke starren, sich von einer Magensonde vollpumpen und von wildfremden Menschen trockenlegen lassen. Nein, so wollte er nicht enden, dann lieber jetzt selbstbestimmt und würdevoll abtreten. Selbst der da oben würde das verstehen – er mußte es einfach, wenn er jener gütige, gnädige Schöpfer war, der all seine Geschöpfe gleichermaßen liebte.

In dieser Gewißheit ließ sich der alte Fritz nun nur noch leichter und weiter fallen. Er spürte, wie sich die Schlinge um seinen Hals herum langsam fester zog und ihm den Atem zu rauben begann. Noch einmal kurz flackerte in ihm so etwas wie ein letzter Überlebenswille auf, hauchte ihm eine sanfte Stimme ins noch gesunde Ohr: "Steh doch wieder auf! Geh bitte nicht! Noch nicht! Nicht so!". Seine getrübten Augäpfel überzog dabei ein leicht milchiger Schleier, glaubte er schließlich für einen Sekundenbruchteil in der bestürzten Stimme die seiner Tochter wiederzuerkennen. Doch alles, was er dem schweren Herzens mit einem Kloß im zugeschnürten Hals ohnmächtig kopfschüttelnd mit tränenerstickter Stimme entgegenzubringen vermochte, war ein heiseres und dennoch entschlossenes: "Leb wohl! Ich kann nicht anders, ich muß!"

Vor seinem verschleierten Blick raste unterdess wie im Zeitraffer sein Leben vorbei ... die Hochzeit mit Minna Auguste Krause, geborene Kowalkowsky, die in ihm nach dem plötzlichen Kriegstod ihres ersten Mannes mehr einen Vater für ihre drei Söhne als einen neuen Ehemann für sich gesucht hatte. Mit der Zeit lebten sie sich immer weiter auseinander, stritten sich immer häufiger und heftiger. Die letzten gemeinsamen Jahre verbrachten sie dann mehr nebeneinander als miteinander. Aber gerade das machte ihm diesen letzten Schritt jetzt auch viel leichter. Er mußte sich schließlich von vornherein nicht großartig darum sorgen, eine tiefbetroffene trauernde Witwe zu hinterlassen. Nein, sein altes Schlachtschiff namens Minna würde die Zukunft auch ohne ihn meistern. Und ganz allein war sie dabei ja auch nicht. Waren da doch noch ihre drei Jungs aus erster Ehe und ...

Wie auf ein Stichwort hin wechselten die Bilder und zeigten ihm nun die Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Hilde. Wie leid tat es ihm in dieser Sekunde, daß er bei ihr gerade anfangs so oft an seiner Vaterschaft gezweifelt hatte. Wie gern hätte er sich an diesem, seinem letzten Tag noch einmal mit ihr über alles ausgesprochen. Ja, auch einmal fest in den Arm genommen, hätte er sie gern – wie er es früher nur so schrecklich selten vermocht hatte.

Die kleine Hilde verwandelte sich vor seinem geistigen Auge in einen kleinen Jungen mit den nahezu gleichen zarten Gesichtszügen. Kein Zweifel, das war sein ältester Enkelsohn Sven, der seiner Tochter als Kind so unglaublich ähnlich sah. Ihn hatte er, der stolze Großvater, als kleinen Knirps so gern im Arm gehalten. Später unternahm er mit ihm auf dem Kindersitz seines alten abgenutzten Drahtesels weite Tagesausflüge über Land, brachte dem geliebten Knaben neben der Liebe zur märkische Heimat auch Buchstaben und Zahlen bei. Er bastelte und baute die tollsten Dinge für und mit Klein-Svenni und lehrte ihn dabei auch immer gleich ein wenig Selbständigkeit. Auf seinen Enkel, der mittlerweile mit Aussicht auf ein Studium seinen Wehrdienst bei der Armee absolvierte, hielt er große Stücke. Aus dem Jungen würde mit Sicherheit einmal etwas ganz Großes werden. Und für einen Moment huschte ein kleines Lächeln großväterlichen Stolzes über das sonst so schmerzverzerrte Gesicht des im Sterben begriffenen Mannes.

Zu schade nur, daß es ihm bei seinem später geborenen zweiten Enkel Maik nie ganz gelungen war, noch einmal eine ähnlich starke Beziehung aufzubaun. Nichts desto trotz hatte er für beide Enkel gesorgt, ihnen noch zu Lebzeiten von der kleinen Rente stets etwas beiseite gelegt für den Start ins eigene Leben. Ein hoffentlich recht langes und glückliches Leben. Ein Leben, das seine Jungs noch vor sich hatten, er aber in diesem Moment eigentlich schon hinter sich ...

Von draußen her drang durch die Schuppenwand hindurch kaum vernehmbar das emsige Gackern der Legehennen auf dem dahinter gelegenen Hühnerhof an seine mit zunehmendem Alter schwerhöriger gewordenen Ohren. Ja, gottseidank, ging da draußen allerorts das Leben weiter. Nur hier im finstren Schuppen, durch dessen Wandritzen lediglich die kraftlose Dezembersonne ein paar einsame, weder wirklich erwärmende noch erhellende Strahlen hineinschickte, führte der Tod nun die Regie. Er war es wohl auch, der vor den sich langsam verdunkelnden Augen des inzwischen schon röchelnden Greises unendlich viele Staubkörner durch die Luft tanzen ließ ...

Die tanzenden Staubkörner aber verwandelten sich mit einem Male zum Abbild eines weißen Grabsteins mit dem pechschwarzen Symbol eines Eisernen Kreuzes darauf - darunter schwarz auf weiß die Inschrift "Gefreiter Alfred Krause". Fritz Salomon kannte dieses Bildnis nur zu gut, ebenso wie den im selben Moment daneben auftauchenden, regungslosen Anzugträger mit dem ordentlich zurechtgestutzten Schnurrbart und der unveränderlich korrekten Kurzhaarfrisur. Abend für Abend hatte ihn der frühere, beim Fronteinsatz im griechischen Saloniki tödlich verunglückte Gatte seiner Minna ununterbrochen vom sorgsam gerahmten Schwarzweißfoto an der Wand überm Fernseher mit der gleichen versteinert mitleidigen Unschuldsmine angestarrt. Jetzt aber bewegten sich erstmalig seine gräulichen Lippen und verlautbarten geradezu spöttisch: "Ach Fritze, was kann denn Dein Abgang hier bewirken? Glaubst Du ernsthaft, unsre Minna wird Dir, so wie sie Dich vorhin verabschiedet hat, auch nur eine Träne nachweinen. Geschweige denn, Dein Bild auf ewig in ihrem Herzen bewahren oder aber Dich gar neben mir in ihrem Wohnzimmer aufhängen?".

Mit allerletzter Kraft ballten sich noch einmal beide Fäuste des allmählich erstickenden Mannes mit dem Strick um den Hals. Und mit bereits schwindenden Bewußtsein verkündete er seinem nicht greifbaren farblosen Gegenüber im Geiste: 'Aufhängen kann ich mich auch ganz allein, wie Du ja siehst! Du, an dessen nachträglich verklärtem Vorbild ich mich als die ewige Nummer Zwei gewiß niemals messen konnte! Trotzdem hab ich mich bemüht, Deiner Minna ein guter Ehemann und Deinen drei Söhnen ein guter Stiefvater zu sein. Und deshalb wird nun meine Minna am Ende neben mir ihre letzte Ruhe finden. Und es dürfte da dann wohl den einen oder anderen geben, in dessen Erinnerungen auch ich weiterlebe, allen voran meine Hildegard und ihre Söhne' ...

Fest gruben sich bei diesem Gedanken Fritz Salomons, vom Stoff seiner geliebten blauen Arbeitshose umhüllten Kniescheiben in den Zuckersand des Schuppenbodens. Die Kehle schnürte sich ihm dabei gänzlich zu, und vor seinen Augen verdunkelte es sich ... hüllte sich mit dem letzten flüchtigen Ausatemgeräusch in tiefstes Schwarz ...

Ganz in schwarz gehüllt erschien wenige Tage später auch die Trauergemeinde an einem frischen, offenen Grab. Da standen sie ringsum versammelt, unzählige Leute – um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Viele, die er gut gekannt hatte. Und einige, mit deren Erscheinen er auf seiner eigenen Beerdigung wohl niemals gerechnet hätte. Der Herr Pfarrer bekreuzigte sich vor dem, langsam im Erdloch versinkenden Sarg, und sprach dazu mit feierlicher Stimme: "Am dritten Tage aber wirst auch Du auferstehen von den Toten!". Dabei hob der Geistliche das bislang gesenkt gehaltene Haupt und blickte abwechselnd zum regnerisch grauen Himmel, an dem die Sonne versteckt bereits hinter einer dunklen Wolke hervorblinzelte, und dann wieder auf den dunklen Grabstein, dessen goldene Inschrift für jeden weithin sichtbar verkündete: "Ruhestätte der Eheleute Salomon".

Ein junger Mann im Anzug aber, der seiner Mutter auch im Alter von nunmehr knapp 19 Jahren immer noch ungeheuer ähnlich schaute, legte in jener Sekunde liebevoll einen Strauß Blumen neben das Grab und flüsterte dazu ganz leise: "Leb wohl, Opa! Wir werden Dich ganz bestimmt niemals vergessen!" ... Und ein paar einsame Tränen bahnten sich den Weg über eine leichtstopplige rauhe Wange und tropften am Ende nahezu lautlos auf die Erde herab.

[ENDE]

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Angel (10. September 2013, 23:37)

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Donnerstag, 9. Januar 2014, 12:03

Mein neustes kurzgeschichtliches Machwerk, mit dem ich meine Leserinnen und Leser zugleich auch im neuen Jahr willkommen heiße, stellt den Versuch einer Verarbeitung meiner eigenen jüngsten Vergangenheit dar. Die Namen der handelnden Figuren wurden dabei aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes leicht abgeändert. Ich wünsche Euch wie immer: Gute Unterhaltung!

Zwei Handvoll Träume
- Die wahre Geschichte einer schlußendlich doch unerfüllten Liebe -

Draußen hatte bereits die Dämmerung eingesetzt. Aber auch bei ihm begann es, langsam zu dämmern. Bei ihm - der hier in seinem Einzimmerverlies nun schon einen halben Tag lang fast reglos dasaß und voll innerer Anspannung auf ihren Anruf wartete. Einen Anruf, welcher - dem inneren Gefühl nach - jenes kleine Glück zerstören könnte, das erst vor kurzem in sein unscheinbares Leben Einzug gehalten hatte. Sollte an diesem Abend wirklich derartig nichtssagend enden, was doch erst vor wenigen Monaten so vielversprechend angefangen hatte. Dabei hätte doch das mit ihm und ihr eigentlich bis vor wenigen Tagen durchaus noch das Zeug zu einem herrlich kitschigen Groschenroman gehabt, wenn auch zu einem sehr modernen - einem, der also nicht 10 Pfennige, sondern 10 Cent kostete.

Da war er, Ben, der schon so lang alleinstehende Altenpflegeassistent, in einer späteren Verfilmung des Stoffes gespielt von einem drittklassigen Ex-Seifenopern-Darsteller. Und da war sie, die Christel - pardon: die Maike - von der Post. Ein unglückliches Wesen auf der Suche nach dem großen Liebesglück. Die Zwei aber flüchteten schon seit geraumer Zeit alltäglich aus der allzu beengenden Wirklichkeit in die unendlichen Weiten des weltweiten Computernetzes.

Dabei kam ihnen bei ihrem ersten internetten Zusammentreffen das Schicksal zuhilfe. Ein ehemaliges ostdeutsches Popduo hatte sich nämlich vor kurzem nach gut zwanzig Jahren Trennung eher zufällig wiedergetroffen und dabei beschlossen, es musikalisch gemeinsam noch einmal zu versuchen. Dies gaben die beiden Künstler dann auch auf einem der vielen sozialen Netzwerke bekannt - und zwar auf jenem, auf dem unter anderem auch Maike und Ben angemeldet waren. Ben tat in einem kurzen Beitragskommentar kund, daß ihm die Wiedervereinigung der zweiköpfigen Gesangsformation gefalle, was wiederum Maike gefiel - und ihr per Mausklick einen virtuellen Daumen nach oben wert war. Ja, mehr noch ... sie stellte seinem Profil sogar mit einem weiteren Mausklick eine Freundschaftsanfrage, die er wiederum mit einem dritten Klick bestätigte. Eins, zwei, drei ... so schnell war man heutzutage miteinander befreundet.

Den nächsten Schritt wagte wieder sie, indem sie ihn im Chat anschrieb. Und er antwortete ihr, kurz in ein paar Sätzen. Beim nächsten Mal wurden es dann auf beiden Seiten schon ein paar Sätze mehr. Und ehe man es sich versah, war man dabei, sich gegenseitig seine Lebensgeschichten zu erzählen. Seine war die eines Einundvierzigjährigen, dessen bisheriges Dasein auf der Haben-Seite schon mehrere gescheiterte Beziehungsversuche, zwei Verlobungen sowie einen Heiratsantrag aufzuweisen hatte, aber eben auch eine Tochter und eine Handvoll bester Freundinnen - darunter auch zwei seiner früheren Beziehungen. Sie hingegen offenbarte sich ihm als Mittvierzigerin, die - einst in Sachsen geboren - über Berlin und den hohen Norden nach München im Leben schon weite Wege zurückgelegt hatte. Eine erste Ehe, die immerhin auch zwei Töchter hervorgebracht hatte, war dabei schon auf der Strecke geblieben, weil ihr damaliger Mann den Spielautomaten mehr Zuwendung schenkte als ihr. Und auch die zweite Ehe, die ihr dann noch eine weitere Tochter beschert hatte, empfand sie schon seit langem als Unglück, denn ihr Gatte hatte schon vor Längerem sein vermeintliches Heil im Alkohol gesucht und gefunden. Die Beiden lebten, so schrieb Maike Ben ganz offenherzig, schon seit fast 7 Jahren einfach nur noch nebeneinander her. Was Gott einst vor dem Altar zusammengeführt hatte und was der Mensch nach seinem Willen nicht scheiden sollte, das hatte der achso wenig heilige Geist aus der Flasche doch längst voneinander getrennt.

Maikes Lebens- und Leidensbeichte hatte es damit geschafft, Ben anzurühren - ja, ihn tief im Herzen zu berühren. Die Geschichte, die sie von sich zu erzählte, begann immer mehr, ihn zu faszinieren und in ihren Bann zu ziehen. Und nicht nur die Geschichte - nein, auch ihre Erzählerin. Ihr schien es freilich nicht anders zu gehen. Und so war man sich recht schnell einig, den nächsten Schritt zu wagen und auch einmal telefonisch miteinander in Kontakt zu treten. Ben gab Maike, ohne lang zu zögern, seine Nummer, und sie rief ihn kurzerhand an. Wieder kam man ins Gespräch, plauderte und scherzte, hörte sich gegenseitig zu, machte einander Mut und hier und da auch das eine oder andere versteckte Kompliment. Am Ende jenes Abends fand sie ihn sooo süß und er ihren sächsischen Dialekt irgendwie säxy. Und schon am Morgen danach scheuten dann weder sie noch er sich, in ihrer ersten gegenseitigen Guten-Morgen-SMS das große Wort Liebe in den Mund zu nehmen, um zu beschreiben, was sie füreinander empfanden.

Der ersten SMS folgten noch viele, viele weitere. Eine am Morgen, eine am Abend, ein paar mittendrin. Dazwischendurch telefonierte und chattete man jede freie Minute. Und um das Einander-nahe-sein-Empfinden noch weiter zu steigern, begann man, hin und wieder das technische Wunderwerk der Videotelefonie zu bemühen. Auf diesem Weg lernte Ben dann auch schon einmal zwei von Maikes Töchtern kennen - Silke, die Älteste, und Nadja, die Jüngste. Mit Beiden verstand er sich auf Anhieb recht gut. Und was die Frau Mama der Beiden betraf, so kribbelte es stets und ständig wohltuend in seinem Bauch, wenn er mit ihr auf all die unterschiedlichsten Arten mit ihr kommunizierte, als ob ganze Schwärme wilder Schmetterlinge darin umherflattern würden. Dieses wunderbare, langvermißte und eigentlich von ihm schon längst totgeglaubte Gefühl aber veränderte ihn zusehends. Er wurde seinem ganzen Wesen nach ruhiger, zufriedener und glücklicher. Seine Welt hatte ihren neuen Mittelpunkt gefunden, welchen sie fortan zu umkreisen und umschwärmen gedachte - und dieser Mittelpunkt hieß Maike.

Doch Umschwärmen und Umkreisen allein macht Liebende auf die Dauer nicht glücklich. Denn da ist eben auch dieses in einem stetig wachsende Verlangen nach dem Berühren. Und so wünschten sich denn auch Maike und Ben nichts sehnlicher als ein erstes Zusammentreffen. Wieder kam dabei ein Zufall zuhilfe. Ben wußte aus einem früheren Gespräch mit Maike, daß sie schon vor einiger Zeit eine Karte für das Konzert eines aufstrebenden Schlagersternchens geschenkt bekommen hatte, welches Anfang Oktober an einem Samstagabend in einer kleineren Münchner Location stattfinden sollte. Als Ben nun im September seinen Oktoberdienstplan erstmalig zu Gesicht bekam, stellte er zu seiner großen Freude fest, daß er das erste Oktoberwochenende frei hatte. Und noch am selben Nachmittag organisierte er mit Maikes Unterstützung am Telefon und im Internet eine Konzertkarte, ein Flugticket und - was bei einem Oktoberfestwochenende die meiste Mühe machte - auch noch ein Zimmer in einer kleinen Münchner Pension für sich.

Aufgeregt trat er wenige Wochen später die Reise an und landete schließlich bei strömendem Regen in seinem lauschigen Liebesnest am Rande der bayrischen Metropole. Hier wuchs seine Anspannung weiter bis ins Unermeßliche, während er auf die herbeigesehnte Ankunft der Geliebten wartete. Ein kleiner Wermutstropfen dabei war, daß Ben irgendwo im Hinterkopf dieses unbestimmte ungute Gefühl hatte, ihren Noch-Ehemann mit der geheimen Affäre zu seiner Noch-Ehefrau zu hintergehen. Dann aber war sie auch schon da und zerstreute mit einem einzigen Lächeln fürs Erste all seine Bedenken. Schon unten an der Haustür des Hotels lag man sich minutenlang im Arm. Noch etwas schüchtern tauschte man dabei erste Streicheleinheiten und sanfte Küsse aus. Im Zimmer wurde man rasch vertrauter miteinander, berührte und küßte sich bald deutlich inniger und stürmischer. Abends beim Konzert umschloß er ihre schlanke Hüfte dann immer wieder ganz fest mit seinen starken Armen. Ihre Münder trafen im schummrigen Halbdunkel pausenlos wie von selbst aufeinander, ihre Zungen tanzten miteinander im heißen Rhythmus der dargebotenen Klänge. Hand in Hand schlenderte man anschließend zur Pension zurück, wo es nach der Einkehr nicht mehr lange brauchte, bis man sich aller Hüllen und Hemmungen entledigt im Doppelbett landete. Was folgte, war eine ganze Nacht voller leidenschaftlicher Zärtlichkeit, an deren Ende man schließlich - wie zuvor so oft erträumt - engumschlungen einschlief. Umso schwerer fiel es den beiden Liebenden, am Morgen danach nach einem kurzen Frühstück am Bahnsteig vorerst wieder voneinander Abschied zu nehmen. Beider Augen bedeckte ein wäßriger Schleier, als sie einander bei Abfahrt des Zuges noch einmal ganz lang zuwinkten, der wieder heimkehrende Ben und Maike - seine Maike.

Sicher, rein formal und juristisch gehörte sie strenggenommen auch nach jenem Liebeswochenende noch zu dem andern, aber zu dem gehörte sie gefühlsmäßig eben schon lange nicht mehr, wie sie Ben auch in den folgenden Tagen und Wochen immer wieder versicherte. Und so plante Maike denn nun, auch endlich die räumliche Trennung von ihrem Noch-Ehemann zu vollziehen und begab sich auf die Suche nach einer eigenen Bleibe für sich und ihre Jüngste. Gemeinsam malten sich Ben und sie dabei schon einmal die gemeinsame Zukunft in den schönsten und buntesten Farben aus. Jeden Monat würde man sich gegenseitig für ein paar Tage besuchen und dann, eines gar nicht mehr allzu fernen Tages würde sie für immer mit Nadja zu ihm ziehen. Ja, es klang ganz so wie das romantische Märchen von der ganz großen Liebe. Gemeinsam schwebte man auf Wolke 7 am strahlendblauen Sommersonnenhimmel dahin. Und durch seine rosarot getönte Brille erkannte er das Aufkommen des ersten grauen Wölkchens erst ziemlich spät.

Da war nämlich dieser eine letzte und schon lange geplante Urlaub mit Jüngsten und ihren Mann, dem sie sich bedauerlicherweise einfach nicht entziehen konnte und bei dem es sich um des lieben Friedens willen eben auch nicht vermeiden ließ, daß sie mit ihrem Noch-Angetrauten schweren Herzens Zimmer und Bett teilen mußte. Ein einwöchiger Ausflug in ihre alte Heimat, wo sie viele gute alte und neue Freundinnen und Freunde treffen würde. Natürlich würde sich auch in dieser Zeit jeden Tag irgendwo eine heimliche Gelegenheit zum Telefonieren finden. Und simsen - nun das ginge ja sowieso immer. Der Urlaub kam und etwas veränderte sich spürbar in diesem Tagen. Zunächst einmal bedauerte sie es gegen Ende der Woche das eine oder andere Mal, daß sich leider doch nicht mehr jeden Tag die Gelegenheit zum Telefonieren fände. Und auch die Kurznachrichten, die ihm dies verkündeten wurden dabei zusehends kürzer und kühler. Am Ende faßte sich Ben ein Herz und fragte nach, bat sie um eine Erklärung. Und war sehr überrascht, als sie daraufhin kleinlaut verkündete, ein befreundetes Paar hätte ihr ein wenig ins Gewissen geredet und gemeint, sie solle doch noch einmal mit ihrem Mann reden und ihm eine Chance geben, bevor sie sich endgültig von ihm trenne. Vielleicht würde er ja einen Entzug machen, und dann müsse sie ihm doch zur Seite stehen. Das besagte Pärchen wäre einst in derselben Lage gewesen. Er Alkoholiker, sie hatte sich anderswärtig Trost gesucht. Dann habe er eine Entziehungskur gemacht und sie sei zu ihm zurückgekehrt. Und nun sei er schon einige Jahre lang trocken, aber falls er doch mal wieder zu trinken anfinge, könne sie - so hatte Maikes vermeintliche Freundin es ihr unter vier Augen anvertraut - auch jederzeit wieder zu ihrem zwischenzeitlichen Geliebten zurückkehren, der letztlich nur darauf warte. Auf Nachfrage Bens, wie es denn dann mit Maike und ihm weitergehen solle - meinte Maike geradezu selbstverständlich, sie müsse dann eben vielleicht doch erstmal bei ihrem Mann bleiben und ihn unterstützen auf seinem Weg aus der Abhängigkeit. Und gelegentlich heimlich treffen könne sie sich mit Ben ja schließlich trotzdem weiterhin. Dagegen wäre ja schließlich nichts einzuwenden, oder?! Ben mußte erst einmal gehörig schlucken, um das Gesagte zu verdauen. Dann aber gab er Maike zu bedenken, daß so etwas für ihn keinesfalls infrage käme. Er verspürte nunmal einfach keine Lust dazu, dauerhaft nur ein heimlicher Liebhaber auf Abruf zu sein. Er wollte mehr. Und so müsse sie sich entscheiden. Und dabei nicht danach gehen, was andere ihr einzureden versuchten oder was das Beste für ihren Mann sei. Nicht einmal danach, was das Beste für ihn - für Ben - sei. Ihre Entscheidung müsse sich einzig und allein daran orientieren, was das Beste für sie selbst und für ihre Kinder sei. Maike bat sich bei Ben etwas Bedenkzeit aus und erklärte ihm dann, sie würde sich ab sofort von niemandem mehr in ihr Leben hineinreden lassen, ihren eigenen Weg gehen und dabei uneingeschränkt zu Ben, der nunmal die große Liebe ihres Lebens wäre, stehen.

Ben fiel damals bei diesen Worten ein riesiger Stein vom Herzen. Das traumhafte Märchen, aus dem für einen Moment ein Alptraum zu werden drohte, konnte also weitergehen. Und es ging weiter. Mit jeder SMS, jedem Chat, jedem Anruf und jedem Videotelefonat. Auch Bens Briefkasten freute sich über die große Anzahl von Liebesbriefen, die fortan aus dem Herzen der bayrischen Hauptstadt einflatterten. Gemeinsam aber plante man nebenbei auch schon das nächste traute Beisammensein. Diesmal fuhr man gemeinsam, wenn auch streckenweise erst einmal wieder jeder für sich allein, in eine kleine Ortschaft nahe der Ostsee, wo Maikes Älteste ganz in der Nähe ihres Vaters beheimatet war. Wieder verbrachte man auch hier das Wochenende in einer kleinen lauschigen Pension, unternahm zusammen tagsüber Ausflüge und ging abends zu dritt essen. Des Nachts hingegen genoß man eng aneinander gekuschelt die Freuden relativ unbeschwerter Zweisamkeit. Und vollzog dabei auf deren Höhepunkt dann auch die vollkommene körperliche Vereinigung. Viel zu schnell gingen auch diese drei Tage und zwei Nächte vorüber. Und so nahte auf dem Schweriner Hauptbahnhof, auf dem man sich Freitagabend noch so überglücklich in die Arme geschlossen hatte, mit einer weiteren Umarmung und einem letzten leidenschaftlichen Kuß einmal mehr der Abschied voneinander.

In den kommenden Tage der anbrechenden Adventszeit verbrachte man wieder viele schöne gemeinsame Stunden unter Nutzung all der Mittel moderner Telekommunikation. Ben erhielt per Post sein etwas verfrühtes Weihnachtspaket von Maike - ein Sammelsurium vieler liebevoll ausgesuchter Kleinigkeiten, über das er sich unheimlich gefreut hatte. Die festlichen Tage rückten immer näher, und mit einem Male trübte sich dabei - für ihn unerklärlicherweise - der Himmel über dem jungen Glück wieder merklich ein. Zunächst fielen ihm da die allmorgendlichen und allabendlichen Kurznachrichten auf, die - wie auch die Tage inzwischen - wieder deutlich kürzer und kühler wurden. Zwischendurch blieben sie von ihrer Seite letzlich sogar völlig aus. Den traurigen Höhepunkt aber hatte der vergangene Abend gebildet, als Ben von einem anstrengenden Spätdienst heimkehrte und sie im Chat mit einem freundlichen "Hi, mein Schatz!" und einem angefügten Herzchensymbol begrüßte, worauf sie ihm nur recht ein liebloses und gleich in doppeltem Sinne flüchtiges "Ich muß jetzt erstmal duschen" entgegenwarf. Auch das erst eine Viertelstunde später beginnende Videotelefonat blieb recht kühl und belanglos, eher schon wie eine rein geschäftliche Videokonferenz als wie das vertraute Liebesgeflüster zweier Seelenverwandter. Und als dann auch der sich anschließende Gute-Nacht-Gruß per SMS wie die Gute-Morgen-Nachricht danach nicht wirklich herzlicher herüberkamen, hatte Ben Maike einmal mehr um eine Aussprache am Telefon gebeten. Ein klärendes Gespräch, auf das er nun bereits seit mehreren Stunden wartete ...

Das wiederholte Läuten seines Handys riß Ben in diesem Moment aus seinen Erinnerungen. Erwartungsvoll drückte er die Sprechtaste und führte das Mobiltelefon ans Ohr. Einen Moment lang herrschte eisiges Schweigen, dann kam von ihrer Seite ein zaghaftes "Hallo". Er verwiderte etwas unsicher den Gruß, atmete einmal tief durch und faßte dann all seinen Mut zusammen, indem er sie bat: "Und nun erzähl mir doch bitte mal, was los ist!". Am andern Ende druckste es ein wenig herum, wollte einfach nicht so recht heraus mit der Sprache. Erst auf wiederholtes Nachfragen erklärte Maike stammelnd, daß es sie ja eigentlich schon seit langem störe, daß Ben neben ihr noch so viele andere gute Freundinnen habe und daß er mit der einen regelmäßig, mit einer anderen hingegen unregelmäßig aber dafür dann hin und wieder stundenlang telefoniere. Überhaupt wäre es ihr lieber, wenn er nur gleichgeschlechtliche Freunde hätte. Da half es auch nichts, daß Ben sofort einwendete, daß Maike ja schließlich auch ein paar gute männliche Freunde ihr eigen nenne und daß ihr einer davon sogar erst vor kurzem angeboten hätte, beim nächsten Aufenthalt in Ostseenähe gemeinsam mit Silke bei ihm und seinem Sohn doch in deren Haushalt zu übernachten. Maike wischte diese Einwände einfach kommentarlos beiseite und versteifte sich stattdessen auf ein uneinsichtiges: "Das mit Deinen Frauenkontakten wird mir einfach alles zuviel!". Auf Bens bange Frage, wie es denn nun mit ihr und ihm weitergehen solle, bat sie sich einmal mehr etwas Bedenkzeit aus und beendete dann kurzerhand das Gespräch.

Plötzlich und unerwartet ließ sie ihn einfach so sitzen - allein mit sich und seinen enttäuschten Gefühlen blieb Ben zurück. Was war nur geschehn? War er nicht eben gerade noch ihre große Liebe gewesen, ohne die sie sich ein Leben gar nicht mehr vorstellen konnte?! Ja, und sie die seine, die er doch auch liebend gern für immer und ewig auf Händen getragen und der er seine Welt und all seine Zärtlichkeit jeden Tag und jede Nacht aufs Neue zu Füßen gelegt hätte. Mit ihr hatte er es sich tatsächlich wunderbar vorstellen können, gemeinsam alt zu werden. Und jetzt ließ sie ihn mit ihrer überraschend schnellen Abfuhr einfach nur regelrecht alt aussehen.

Nur gänzlich dumm sterben, das sollte er dann wohl an diesem Abend doch nicht. Denn es dauerte im Anschluß an das abrupt abgebrochene Telefonat nur ein knappes Stündchen, dann ging eine SMS von Maike bei Ben ein, in der es kurz und knapp hieß: "Manchmal ist es vielleicht besser, man bleibt nur sehr gute Freunde, da kann nie was schiefgehn". Man mußte kein ausgebildeter Psychologe sein, um aus diesem Satz herauszulesen, daß sie sich gegen die Liebe und damit auch gegen ihn entschieden hatte. Und so seufzte Ben einmal schwer, rieb sich die geröteten Augen und schnäuzte sich die Nase, bevor er ihr als Antwort zurückschrieb: "Tut mir sehr leid, daß Du so denkst. Sehr gute Freunde ist für mich in Deinem Fall einfach keine Option, weil ich meinem Herz eben nicht befehlen kann, Dich nicht mehr zu lieben! Ich wünsch Dir trotzdem weiterhin alles Gute! Machs gut, Maike!".

Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt. Einen Tag später bereits verbannte Maike Ben aus der Freundesliste in ihrem gemeinsamen sozialen Netzwerk. Ben selbst aber war noch eine ganze Weile lang traurig und verletzt. Ein Zustand, über den ihm letztlich gerade jene Freundinnen hinweghalfen, die Maike doch zuletzt so ein Dorn im Augen gewesen zu sein schienen. Keine Frage, er hatte sich richtig entschieden, indem er sich selbst treu geblieben war. Ob er wohl je gänzlich über seine Enttäuschung hinwegkäme?! Nun, da war er sich ganz sicher. Und er würde nichts desto trotz auch in eine neue Liebe wieder jederzeit alles investieren an Gefühlen, Zeit und Energie, was er besaß. Denn die wahre große Liebe wartete ja schließlich irgendwo da draußen immer noch auf ihn! Wartete darauf, ihn kennenzulernen und ihn dann so zu nehmen und zu akzeptieren, wie er nun einmal war! Und sie allein war es dann auch wert, daß er für sie alles gab! Vor allem sich selbst!

[ENDE]

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24

Sonntag, 11. Januar 2015, 13:39

Der Vorfreude auf meinen nächsten Klosteraufenthalt in Alexanderdorf Rechnung tragend, hier meine kleine Liebeserklärung an die unbestritten tonangebende "Eiserne Lady" der Abtei St. Gertrud :herzblatt: ...



DIE GLOCKE von SCHINDLER
(oder: Ich bin dann mal - hin und - weg!)

Lieblich weckt wieder mich Dein Klang,
und ich kann sagen: Gottseidank!

Machst mir, der ich Dir lauschen mag,
stets jeden Tag zum Freudentag.

Denn wenn ich Dir ganz nahe weile,
weicht all der Streß und auch die Eile.

Ruhe kehrt tief im Innern ein,
darf ich bei Dir geborgen sein.

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Angel (11. Januar 2015, 19:14)

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25

Freitag, 8. Mai 2015, 22:57

Ein kleines Poem aus Anlaß des 70. Jahrestages der Befreiung und des Kriegsendes in Deutschland am 8. Mai 1945 :kerze:



MENSCHENSKINDER!
von Sven Schindler

Es erwächst aus noch brennenden Trümmern,
die im Hagel von Bomben gemacht,
im Reiche der armen Verführten
ein zart' Pflänzchen am Ende der Nacht.

Erblüht, da man's mit Hoffnung wässert,
mit Frieden und Freiheit gut nährt,
verkümmert, wenn man's tritt mit Stiefeln,
ihm brüllend die Achtung verwehrt.

Drum sollst Du dies Pflänzchen wohl hüten,
dem Feind überlassen es nie!
Erfüll sie mit Geist und mit Leben,
die Pflanze der Demokratie!

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Angel (8. Mai 2015, 23:15)

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26

Sonntag, 7. August 2016, 19:46

Zu Deinem Ehrentag



Dank Dir!


Dank Dir bin ich der, der ich jetzt bin. Du hast als Magd einem örtlichen Großbauern gedient und später als Hauswirtschafterin im Auftrag der Volkssolidarität den älteren Menschen in unserem Dorf. Durch Dein Vorbild hast Du mir das vermittelt und ins Herz gepflanzt, was unsere Gesellschaft heute als soziale Kompetenz bezeichnet und die Schrift Nächstenliebe nennt.

Dank Dir bin ich das, was ich jetzt bin. Ein bekennender Christenmensch, der in Deinem Hause überhaupt erst in Berührung mit dem Wort kam. Dem Wort von dem Vater, dem Sohn und dem Geist. Wobei letzterer mir schlußendlich als jungem Manne – in jenen Tagen Deiner letzten Erdenjahre, da ich nunmehr Dir dienen durfte – half, dem Menschensohne mein Leben zu überantworten.

Dank Dir bin ich dort, wo ich jetzt bin. Denn beim Umsorgen Deiner eigenen Person im Alter dämmerte mir nach und nach langsam immer mehr, daß ich ganz einfach zur Pflege und zur Seelsorge hilfebedürftiger Menschen geboren bin. Und Deinem Drängen folgend landete ich schließlich auch im Heim – an jenen Ort, an den Du selbst nie wolltest und der nun seit mittlerweile fast 20 Jahren meine Dienst-Stelle und eine Art zweites Zuhause für mich geworden ist.

So ist es mir ein unendlich großes Bedürfnis, Dir anläßlich Deines 107. Geburtstages, der zugleich auch der 16. Jahrestag Deines irdischen Ablebens ist, einmal ganz bewußt Danke zu sagen. Dir, Minna Auguste Salomon - meiner geliebten Oma! Und ich darf Dir dabei zugleich frohen Mutes bekennen: Ich freue mich schon jetzt auf unser Wiedersehen. Eines sicher nicht mehr allzu fernen Tages an einem besseren Ort.


In ewiger Verbundenheit,
Dein Enkel Sven

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Angel (8. August 2016, 08:22)

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