Part 7
Montag 20. Dezember 15.30 Uhr:
John saß in seinem Büro und blickte auf die verschleierte Skyline Manhattans. Der Schneefall hatte wieder eingesetzt und die weiße Pracht überzog Gebäudedächer, die Autos kamen vor lauter Schnee nicht weiter und einige Schulen wurden geschlossen. Das Chaos der letzten Woche hatte wieder eingesetzt. Er war noch da draußen, dieser Gedanke schwirrte immer wieder in seinen Gedanken herum. Zwei Stunden nachdem James in den East River gesprungen war, fand eine Streife Cathy Jenkins, die Vermisste, tot in einem der Helikopter. Ihr wurde, wie auch der Frau vor dem Restaurant, die Kehle durchgeschnitten. „John ich weiß, ich kann Sie nicht dazu bewegen die Suche nach ihm aufzugeben, aber er wird höchstwahrscheinlich untertauchen. Sie können nichts daran ändern, ich vermute allerdings das er bereits tot ist.“, sagte Simmons, der zur Tür hereinkam. „Da kennen Sie James schlecht, er war früher bei den Special Forces, er ist ein zäher Hund.“, erklärte Gabe.
„So wie Sie. Leider weiß ich nicht sehr viel über die Special Forces, ich war damals bei der Navy.“, erzählte der Captain.
„Ach bei der Navy, wo waren Sie stationiert?“
„Auf der USS Theodore Roosevelt.“
„Die Roosevelt? Dann waren Sie ja auch in Kuwait.“
„Ja das war ich. Hören Sie, ich weiß zwar nicht was für ein Krieg das hier ist, aber ich kann Ihnen nur raten, seien Sie vorsichtig, auch mit Ihrer langjährigen Kampferfahrung.“
John musste grinsen. „Sie wissen wohl alles über Jeden hier, nicht wahr?“
„Hey ich bin der Captain, ich weiß alles.“, antwortete dieser.
Johns grinsen verwandelte sich in ein Lachen, vielleicht war es genau das was ihm seit Jahren fehlte, ab und zu die Dinge nicht so ernst zu nehmen.
„Vielen Dank Captain.“, bedankte sich John.
Doch der Augenblick des Spaßes währte nicht lange. Als Chloe, die Sekretärin in das Büro des Lieutenant. „Lieutenant Caine ist entführt worden.“, sagte die junge Frau, sie war ganz außer Atem und aufgelöst.
„Was?“ John konnte nicht glauben was er soeben gehört hatte.
„Woher haben Sie diese Information?“, fragte der Captain.
„Ein anonymer Anrufer … sagte er habe sie in seiner Gewalt und das Sie, Lieutenant ihn morgen um 12 Uhr im Central Park treffen sollen.“, antwortete Chloe.
Schon wieder so ein Treffen, dachte John. Aber diesmal bin ich vorbereitet.
Dienstag 21. Dezember 11.30 Uhr:
James nahm auf einer verschneiten Parkbank Platz und beobachtete die vorbeigehenden Leute. Auf der Wiese, gegenüber von ihm spielte ein kleines Mädchen mit ihrer Mutter fangen. Eine Familie zu haben, musste etwas Schönes sein, dachte James. Die verschneite Landschaft diente auch einem Maler als Motiv für sein Bild. James wünschte sich ab und an selbst den Mut gehabt zu haben, seine Frau wieder anzusprechen, doch sie hielt ihn für tot und das war auch besser so. Er wollte sich nicht ausmalen, was das für ihn bedeuten würde, wenn sie einen anderen hatte. Er würde ihn vermutlich umbringen. Aber das war jetzt nicht das weswegen er hier war. Er griff in seine Manteltasche und spürte den Umriss seines Revolvers, es beruhigte ihn und verlieh ihm neue Kraft. Bald war es soweit, bald würde John seinem Schicksal begegnen und seine Partnerin ebenfalls. Sie war doch viel zu jung für ihn, und doch schien sie ihn zu mögen. James konnte sein Grinsen nicht verstecken, als er an den alten Haudegen dachte, immer noch gut zum Verführen von jungen Frauen. Aber in spätestens dreißig Minuten würde er tot sein. Dann wäre James der große Held und seine drei Kameraden könnten dann in Frieden Ruhen. Ja ganz recht, all diese Morde waren nur ein Mittel zum Zweck, um an den Verräter ranzukommen und ihn zu töten. Seine Rache war beinahe komplett. Er musste nur noch auf den richtigen Augenblick warten und dann würde er, wie eine Cobra zubeißen und den Angreifer töten.
Dienstag 21. Dezember 11.59 Uhr:
John befand sich nun im Central Park, er hatte keine Ahnung wo James auf ihn warten würde, oder wo er sich versteckte. Er ließ es einfach auf sich zukommen und vertraute auf seinen Instinkt. Plötzlich spürte er wie jemand ihm einen harten Gegenstand in den Rücken drückte. „Diesmal lass ich dich nicht davonkommen, sag schon mal hallo zu deiner Frau.“, erklärte James und zog Johns Waffe aus dem Holster. Dann befahl er John den Revolver aus dem Knöchelholster zu ziehen und wegzuwerfen.
„Drück ruhig ab, du kommst hier sowieso nicht mehr lebend raus, mittlerweile sollten unsere Leute vom SWAT Team in Stellung gegangen sein.“, erwiderte John kühl und hoffte das James auf diese Finte reinfallen würde.
„Du mieses Dreckschwein.“, brüllte James, doch John nutzte die Gelegenheit und rammte seinen Ellbogen fest in James Gesicht, welcher sofort die Waffe verlor. John schnellte herum und versetzte ihm einen Tritt in die Magengegend. Benommen von den Schlägen und Tritten stolperte James nach hinten, fing sich aber im letzten Moment und ergriff die Flucht. John rannte ebenfalls los und war schon beinahe auf seiner Höhe, als James einen Passanten wegstieß und dieser genau vor Johns Füße fiel. John schaffte es nicht mehr, rechtzeitig zum Sprung anzusetzen und stürzte über den Passanten.
James hatte einen kleinen Vorsprung genommen. Er lief auf die Straße hinaus und zog einen wartenden Taxifahrer aus seinem Gefährt um sofort die Flucht fortzusetzen.
In diesem Moment hastete auch John hinaus auf die Straße. Aus den Augenwinkeln heraus konnte er ein heran schnellendes Taxi erkennen. Im letzten Moment hechtete er über die Motorhaube und wurde rücklings wieder zurück auf die Straße geschleudert. Die Landung war zwar hart, aber John sprang schnell wieder auf und stieg in seinen, zum Glück neben ihn stehenden, Jeep ein. Er drehte den Zündschlüssel um und trat aufs Gas. John raste hinter dem Taxi her. Sein Wagen wühlte sich konstant durch den Schnee, während das Taxi nur schlitternd vorankam. Das Taxi bog links in eine enge Seitengasse, zu spät für John, das Geländegefährt herumzureißen. Er fuhr geradeaus weiter und driftete um die nächste Ecke um schnell wieder an Fahrt zu gewinnen. Er trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und hatte seine Gedanken draußen bei dem Taxi. Sofort bog er wieder nach links ein und konnte schemenhaft erkennen wie das Taxi wieder auf die Straße herauskam. Das Verkehrsaufkommen hielt sich eher in Grenzen. John wusste, wenn er James jetzt aus den Augen verlor, war Sarah nicht mehr zu retten.
Er beschleunigte seinen Wagen wieder und konnte das Taxi einholen. Er setzte zu einer Rammattacke an und erwischte das Taxi am Heck. Der Aufprall war zwar nicht besonders hart, aber John wurde durch den angelegten Sicherheitsgurt in den Sitz gepresst. Beinahe hätte er das Steuer verrissen, doch mit einem eisernen Griff umklammerte er das Lenkrad und hielt es auf Kurs. Das Taxi kürzte über den Bürgersteig ab, doch John ließ sich davon nicht beeindrucken und nahm ebenfalls den Bürgersteig um an dem Taxi dranzubleiben. Der Wagen bog Richtung Brooklyn ab und verschwand in einer Einfahrt, zu einer alten verlassenen Lagerhalle. John riss den Wagen herum und raste die Einfahrt hinter dem Taxi hinunter. Er rammte es erneut und schaffte es sogar, das gelbe Gefährt gegen die Mauer zu drücken. John sprang wutentbrannt aus dem Jeep und riss die Tür des Fords auf. Ein Baseballschläger fuhr heraus und traf John auf der Brust. Schwer atmend hielt er sich auf den Beinen, als James mit dem hölzernen Ding zum Schlag ausholte und ihn am Rücken traf. Die Wucht des Schlages schmetterte John gegen die Tür des Taxis und danach zu Boden. James schlug mit voller Wucht auf den Bauch des Lieutenants ein und nochmal und nochmal. Sich vor Schmerzen krümmend lag John auf dem kalten und verschneiten Boden. Seine Kraft und Konzentration war verbraucht. Er drehte sich auf den Bauch und versuchte sich zu erheben, jedoch ohne Erfolg. Der schwer angeschlagene Mann zog seine muskulösen Beine an die Brust und stützte sich mit den Händen ab. Langsam kam er wieder auf die Beine und schleppte sich, schweren Schrittes in die finster wirkende Lagerhalle. Bei genauerer Betrachtung fiel John auf das es eine Werft war, mit einer Sliprampe auf der linken Seite. In der Lagerhalle selbst, war nur das Licht, das durch die Löcher in der Decke fiel. Schemenhaft konnte er James entdecken, der einen schwarzen Gegenstand in der Hand hielt. Plötzlich fiel ein Schuss und John wurde durch die Wucht der Kugel zu Boden geschleudert, wo er hart aufschlug. Er hob seinen schmerzenden Oberkörper hoch, doch ein weiterer Schuss in die Brust streckte ihn nieder.
James konnte es nicht glauben, er war tot. John Gabe war tatsächlich tot. Von der Seite her konnte er Sarah protestieren hören, doch das kümmerte ihn wenig, seine Rache war vollendet, jetzt konnte er endlich ein neues Leben beginnen. James hoffte, dass jetzt alles gut werden würde, das einzige was ihn noch mit Gabe in Verbindung brachte, war seine Partnerin. Doch Sie sollte kein Problem mehr darstellen und so genoss er noch den Moment des Triumphes, ehe er sich auf sein nächstes Opfer zubewegte und Sarah an dem langen blonden Haaren auf die Beine zog um sie zur Leiche ihres Kollegen zu zerren. „So Schätzchen, jetzt kannst du deinen Partner nochmal sehen, ehe du ihm gegenübertrittst. Doch als er die Stelle mit ihr erreichte, an der John liegen sollte, traute er seinen Augen nicht, denn Gabe war verschwunden. Panisch zog er sein Militärmesser und hielt es Sarah an die Kehle. „Komm raus John, oder ich töte deine Partnerin.“, drohte James mit angsterfüllter Stimme.
John trat zwischen den dunklen Schatten hervor und überraschte James von hinten. Dieser stieß Sarah in eine Vertiefung, fuhr nervös herum und versuchte John mit dem Messer zu erwischen. Gabe wich geschickt aus und schlug ihm, mit der Linken Faust das Messer aus der Hand. Sein Körper schmerzte zwar an allen Stellen, doch er war froh sich eine Schutzweste anzuziehen. James schnappte sich erneut den Baseballschläger um John eines damit überzuziehen, doch diesmal gelang es ihm nicht und er fing sich einen Spinning Back Kick von John, der genau in die Magengrube saß. James taumelte schwer atmend zurück. Hinter ihm befand sich keine Mauer mehr und es ging ein Stockwerk tief nach unten in das Trockendock, wo ein fertiggestelltes Schiff darauf wartete im nächsten Frühjahr ausgeliefert zu werden. „Es ist noch nicht vorbei James.“, sagte John mit schmerzverzerrter Stimme. Er nahm Anlauf und versetzte James einen Jumping Side Kick. Durch die Wucht stürzte James vier Meter in die Tiefe, wo er auf der Windschutzscheibe des Bootes aufschlug. Er mochte zwar Schmerzen haben, aber er riss sich zusammen und eilte zu seiner Partnerin. Er reichte ihr beide Arme und zog sie dann nach oben. „Ist alles in Ordnung?“, fragte John während er ihr die Fesseln abnahm. „Ja.“, antwortete Sarah knapp. Als sie von den Fesseln frei war, fiel sie John um den Hals und fing an zu weinen, denn die vergangenen paar Tage waren die schlimmsten ihres Lebens. „Alles wird gut, ich bin ja bei dir.“, tröstete John, der die vergangenen Tage am schlimmsten in Erinnerung behielt. Plötzlich wurde er von zwei kräftigen Armen gepackt und nach hinten gezogen. „Du dachtest doch nicht das es vorbei ist, oder?“, brüllte James. Sein Gesicht war blutüberströmt und es steckten noch vereinzelt Splitter in seinem Arm. Mit schwacher Stimme sagte John: „Lauf … Sarah.“
„Was du nämlich nicht weißt, ich habe das Gas aus den Behältern die du da siehst ausströmen lassen, und da ich immer unser Sprengmeister war, trage ich natürlich immer Handgranaten bei mir. Mit diesen Worten enthüllte er einen Gürtel an dem vier Handgranaten befestigt waren. Durch die Stifte lief ein einzelner Draht, der Auslöser für all diese Vier. John zögerte nicht und zog den Draht heraus. Dann fuhr er mit dem Hinterkopf hoch und traf James am Kinn. Benommen trat dieser ein paar Schritte zurück. John nutzte die Gelegenheit und packte James am Kragen seiner Jacke und schleuderte ihn gegen ein Regal, welches einstürzte und das zweite, welches sich darüber befand auf ihn stürzte und ihn darunter begrub. John rannte so schnell er nur konnte, den schreienden James hinter sich lassend aus der Werft. Er stürzte aus der Halle heraus, als eine ohrenbetäubende Explosion das Gas entzündete und die Werft in einer zweiten riesigen Explosion zerstörte. Durch die Wucht der Explosion wurde John zu Boden geworfen und hielt schützend seine Hände über den Kopf. Langsam drehte John sich um und begutachtete die Flammen. Jetzt war es geschafft. James war endgültig tot. Sarah lief besorgt zu John und half ihm auf die Beine. In der Ferne waren bereits Sirenen zu hören und er sagte nur: „Wieso kommt die Verstärkung eigentlich immer erst dann wenn alles vorbei ist?“
Widerwillig musste Sarah lachen.
Mittwoch 22. Dezember 18.30 Uhr:
John stand vor einem Haus in New Jersey. Auf dem Schild stand „Eric und Chloe Johnson“.
Zögernd läutete er an. Eine junge Frau öffnete die Tür. Sie hatte rote Haare und war nicht mehr als zwanzig Jahre alt. „Calleigh?“, fragte John leise. „Dad?“, Sie fiel ihm sofort um den Hals und küsste ihn zärtlich auf die Wange. “ John nahm sie in den Arm und hob sie hoch. Seit zehn Jahren hatte er seine Tochter nicht gesehen. Eine ältere Dame, so um die fünfzig kam zur Tür und sagte nur: „Ich hätte nicht gedacht, dass du noch einmal hier auftauchst.“
John ließ die Dame links liegen, er genoss den Moment mit seiner Tochter. „Na schön, ignorier mich ruhig so wie all die Jahre.“, fuhr sie ihn wirsch an.
„Ich bin nur hier um meine Tochter zu holen, sagte John und hielt ihr den Gerichtsbeschluss vor die Nase. Natürlich nur wenn du das willst.“, erwiderte John.
„Oh Dad, natürlich will ich.“, sagte seine Tochter mit einem Strahlen im ganzen Gesicht. John vergaß die Ereignisse der vergangenen Woche sofort und nahm seine Tochter freudig in den Arm.
MfG
M.V.V.M.