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Claudia

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Mittwoch, 14. November 2012, 14:55

Neues Lesefutter

So ihr Lieben, ich glaube es ist mal wieder an der Zeit hier Lesefutter vorzustellen. :love:
Diesmal möchte ich euch gleich zwei historische Romane empfehlen: „Der Vater“ von Jochen Klepper und „Der Meister von Sanssouci“ von Claus Back. Sie stammen zwar nicht vom selben Autor, passen aber doch gut zusammen.(wobei letzteres glaube ich derzeit nur noch im Antiquariat zu bekommen ist)

Historischer Roman bedeutet, es geht um Menschen und Ereignisse, die tatsächlich gelebt bzw. stattgefunden haben. Solche Romane müssen also, neben guten Schreibstil, auch gut recherchiert sein, um zu überzeugen. Gleichzeitig ist aber auch „künstlerische Freiheit“ für das Drumherum erlaubt, in den Dingen, die nicht historisch belegt sind.
„Der Vater“ ist ein Roman über den zweiten Preußenkönig, Friedrich Wilhelm I (der „Soldatenkönig“). Wer das Buch liest, und anschließend mal einen Besuch in Schloss Charlottenburg macht, oder eine Führung durch Schloss Königs Wusterhausen erlebt, merkt, dass Jochen Klepper offensichtlich gut recherchiert hat.
Das Buch beginnt zunächst mit der Beziehung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm zu seinem eigenen Vater, die man wohl getrost als „schwierig“ bezeichnen kann. Der Vater hat sich selbst zum König in Preußen gekrönt, prunkt und protzt und wirft Geld zum Fenster raus, das er nicht besitzt, während sein Volk und Land verarmt ist und ausgepresst wird. Friedrich Wilhelm dagegen ist mehr der große Sparer, denkt wirtschaftlich und ist mit vielem was sein Vater tut nicht einverstanden. 1713 wird er selber König und bringt das Land nach und nach auf Vordermann. In den 27 Jahren seiner Regentschaft wird Brandenburg-Preußen zu einem wichtigen Teil Europas. Er baut eine große Armee auf, um die ihn viele Regenten seiner Zeit beneiden, zieht aber nie in den Krieg, sondern ist ein Mann des Friedens. Als er 1740 stirbt übernimmt sein Sohn Friedrich II („der Große“) ein nicht nur wirtschaftlich wohlgeordnetes und stabiles Land. Allerdings hat es Friedrich Wilhelm einen hohen Preis gekostet. Er ist ein Einzelgänger, denn er handelt und regiert anders, als zu seiner Zeit üblich. Er denkt zunächst an Volk und Staat und nicht an sich. Er sieht sich stets dem König in Preußen verantwortlich! Was ihm viel Unverständnis und Häme einbringt, nicht nur im Ausland, sondern bis hinein in die eigene Ehe und Familie. Auch sein Sohn Friedrich II denkt anders als er, versteht ihn lange nicht und rebelliert (unterstützt von seiner Mutter, der Königin, die völlig andere Interessen hat, als ihr Mann), versucht sogar zu fliehen.
Ein Schwerpunkt des Buches liegt auf der Beschreibung der Vater-Sohn Beziehung. Wie sie sich entwickelt und fehl entwickelt, wie sie sich missverstehen, gegenseitig verletzen. Friedrich Wilhelm versucht verzweifelt seinen Sohn nach seinen Vorstellungen zu formen, damit der Kronprinz Land und Volk so sehen soll wie er, was dieser aber nicht tut, und auch später nicht tun wird. Friedrich Wilhelm leidet sehr darunter, dass „ein König seinen Sohn nicht haben kann, wie andere Väter ihre Söhne haben“. An erster Stelle sind sie immer der König in Preußen und der Kronprinz und nicht Vater und Sohn.
Klepper hat einen etwas eigenen Schreibstil, schreibt sehr genau und vielleicht auch manchmal etwas langatmig. Doch gelingt es ihm durchaus, das achtzehnte Jahrhundert lebendig werden zu lassen. Obwohl Friedrich Wilhelm auch ausführlich mit seinen Schattenseiten dargestellt wird (er schlägt z.B. mit dem Stock nach dem Gesinde und sogar nach seinen Kindern), kommt er einem doch sehr nahe, man bekommt Mitleid mit dem missverstandenen Mann. In Kleppers Buch tritt König Friedrich Wilhelm I endlich mal aus dem Schatten seines Sohnes, in dem er zumindest in meinem Geschichtsunterricht an der Schule immer stand.

meine subjektive Gesamt-Beurteilung: :sterne4:


Und in die gleiche Richtung geht auch „Der Meister von Sanssouci“. Ein Roman über Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, auch der Baumeister des Königs genannt. Und König ist hier Friedrich II, der Große. Der Roman beginnt 1737, da ist Knobelsdorff bereits 38 Jahre alt, darf sich als „Freund“ des 25 jährigen Kronprinzen bezeichnen und ist Gast an seiner Tafel. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich als Maler und Architekt (damals eine übliche Arbeitskombination), obwohl er das von Hause aus nicht nötig hätte. Für seine adelige Verwandtschaft ist er das Schwarze Schaf der Familie. Besonders, weil er sich freundschaftlich mit „gemeinem Volk“ abgibt und handwerklich arbeitet, statt als Offizier das Leben zu genießen. Er gilt als Niete und Versager; dass der König selbst ihm seine Gunst schenkt, wird dabei überhaupt nicht bedacht.
Als Friedrich 1740 König wird, macht er Georg von Knobelsdorff zum Oberintendanten der Schlösser und Gärten, und damit zum 1.Architekten im Lande und zu seinem persönlichen Baumeister. U.a. bekommt Knobelsdorff den Auftrag in Potsdam ein neues kleines Lustschloss für den König zu bauen. Das Gebäude, dass bis heute mit seinem Namen verbunden ist – Schloss Sanssouci! Allerdings ist es für Knobelsdorff eher eine Qual, als ein „ohne Sorge“. Denn Friedrich der Große erweist sich als äußerst schwieriger Auftraggeber. Grundsätzlich redet er bei allen Bauten mit rein, nicht nur in Sanssouci. Friedrich ist überzeugt mindestens genauso viel von Architektur zu verstehen, wie sein Baumeister. Hat allerdings meistens völlig andere Vorstellungen. Es sind also immer wieder harte Auseinandersetzungen zwischen Knobelsdorff und dem König. Zumal Friedrich herrschsüchtig ist und auch manchesmal unbeherrscht und ungerecht. Nicht nur Knobelsdorff gegenüber. Da es um die Gesundheit von Knobelsdorff Zeit seines Lebens nicht zum Besten gestellt ist, wirft er schließlich die Brocken hin und trennt sich mehr oder weniger höfflich in Unfrieden vom König. Am 16. September 1753, mit 54 Jahren, stirbt Georg W. von Knobelsdorff.
Im Gegensatz zu Jochen Klepper schreibt Claus Back trocken, kurz und sachlich. Manchmal etwas zu sachlichkurz. Aber auch in seinem Roman wird die Zeit lebendig. Für Knobelsdorff entwickelt man gerne Mitgefühl – so ein Künstler hat’s wirklich nicht leicht – und Friedrich d.G. würde man zwischendurch gerne mal den Marsch blasen und den Kopf zurechtrücken, dass er mal wieder auf den Boden kommt.

Hier fällt meine Gesamtbeurteilung etwas schwächer aus, weil mir der Schreibstil etwas zu trocken ist: :sterne3:

Beiden Romanen gemeinsam ist, dass ein wenig am Mythos Friedrich II gekratzt wird, und er nicht ganz so ein strahlender Held ist, wie ihn Geschichtslehrer und Co. gerne darstellen. Wer also eine Schwäche hat für Preußens Geschichte, Friedrich den Großen, barocke Architektur, oder wer einfach nur gerne historische Romane liest - der ist hier, so meine Meinung, mit beiden Büchern bestens bedient. Und wer die Sache noch abrunden will, der macht wie ich nach der Lektüre eine Reise nach Berlin und schaut sich die Handlungsorte in echt und Farbe an. Lohnt sich ebenfalls. ;)

Wie immer wünsche ich angenehme Lesestunden.
liebe Grüße, claudia
"Wer auf Gott vertraut, kann sich glücklich schätzen. Seinen Weg muss er nicht alleine gehen. Von Gottes Liebe weiß er sich umgeben." (Liedstrophe in Anlehnung an Psalm 91,11)

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Claudia« (17. November 2012, 13:17) aus folgendem Grund: Bearbeitung von "Schönheitsfehlern"


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