STUDIERZIMMER (I)
Und schon wieder ich, der Faust. Ich bin jetzt auf den Hund gekommen. Ja, ich hab in einem Anflug von tierischem Mitleid den armen kleinen Kläffer mit nach Hause genommen, bevor er noch beim nächsten Regenschauer pudelnaß wird da draußen. Das Tier war gleich ganz außer Rand und Band, hat ein höllisches Spektakel aufgeführt in meiner Bude. Und auch in meinem Herzen hielt die durch meinen Spaziergang neu geschöpte Ruhe nicht lange vor.
So nahm ich schließlich wie schon früher oft, um meiner Seele Friedn zu verschaffen, die Bibel zur Hand, um mich ein wenig abzulenken und das Neue Testament aus seinem Urtext ins Deutsche zu übersetzen. Und dennoch bereitete mir schon der erste Satz im Johannesevangelium in seiner Übersetzung einiges Kopfzerbrechen: "Am Anfang war das Wort!" Ja, gut, am Anfang dieses Textes mag das schon stimmen, aber am Anfang der Zeit? War da nicht vielmehr der Sinn zuerst da, ohne den jedes Wort doch irgendwie sinnlos wäre, oder?! Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto schwerer fiel es mir, mich auf das EINE zu einigen, was ganz zu Anfang aller Zeiten ganz allein für sich da war. Und so zog ich nacheinander auch noch Kraft und Tat als Möglichkeiten in Betracht, jedoch nur, um sie im nächsten Moment wieder zu verwerfen. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was am Anfang war, nur was bei mir am Ende nicht war, nämlich der Wille zur Entscheidung!
Aber es war ja auch kein Wunder, daß ich letztlich keinen klaren Gedanken fassen konnte, schließlich machte der Köter die ganze Zeit über einen geradezu teuflischen Krach. Ich überlegte mir schon, daß Tier am Ende doch wieder aus meinen vier Wänden, als es sich plötzlich vor meinen Augen zu verwandeln begann.
Schon klar, ich weiß, was Ihr jetzt denkt! Der alte Zausel ist komplett übergeschnappt. Zuviel frische Luft, ein Fall für die Klapsmühle! Aber ich sag Euch, es war so! Da gibts halt mehr zwischen Himmel und Erde, als wir glauben, meine Freunde! Jedenfalls hats in meinem ganzen Zimmer irgendwie nach Schwefel gestunken, was für mich ein Zeichen war, daß ich mir was Höllisches eingefangen haben mußte (heutzutage vielleicht mit einem Trojaner auf dem Computer vergleichbar, nur das ich meine Wohnung ja wohl unmöglich plattmachen und wieder neu hochladen konnte! ;) )
Stattdessen hab ich ein wenig auf Geisterbeschwörer gemacht und damit den wandlungsfähigen Hundesohn schließlich hinterm Ofen vorgelockt. Und er erschien mir prompt als ein Student auf Wanderschaft. Ich hab ihm auf den Kopf zugesagt, daß ich ihn allein durch die Art seines spektakulären Auftritts entweder für eine Ausgeburt der Hölle halte, während er sich auf ziemlich umständliche Weise am Ende auf fast biblische Art und Weise als genau dasselbe zu erkennen gab ... Der stets verneinende Geist, und ein Teil der Finsternis. Und dann beklagte er sich noch wortreich, daß es ihm einfach nicht gelingen würde, den Menschen kleinzukriegen, egal mit welchen Katastrophen er es auch probieren würde.
Ich hab mich schon gefragt, was er damit bezweckt. Der kleine, wütende Teufelsbraten hatte doch nicht etwa wirklich Mitleid erwartet von mir? Aber nein, dann rückte er nämlich endlich raus mit der Sprache: Er konnte einfach nur nicht weg aus meiner Wohnung, weil ihn ein auf der Schwelle achtlos hingemaltes Pentagramm (wie mans aus all den Horrorfilmen kennt, in die man erst mit 18 darf und trotzdem schon heimlich mit 15 reinschleicht) am Entweichen hinderte. Durch einen kleinen Schönheitsfehler beim Zeichnen konnte da der Teufel nämlich zwar rein, aber eben nicht wieder raus. Die "Geisterfalle" hatte zugeschnappt, ich war sozusagen mit einem Schlage ein früher Vorfahre der "Ghostbusters" geworden ...
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So, genug des heldenhaften Gequatsches, Herr Doktor. Ja, ich, Mephisto, steckte bei Euch fest, weil ich mal kurz nicht aufgepaßt zu haben schien. Na und? Vielleicht gehörte das am Ende ja auch schon zu meinem Plan und zu der Wette am Anfang? Wer weiß, wer weiß! Auf jeden Fall war es jetzt an der Zeit, daß ich hier wieder mal punktete. Ein Teufel ließ sich nicht gern einsperren und auf der Nase rumtanzen, schon gar nicht von einem Erdling. Und weil der Mensch ein wenig Unterhaltung immer gern hat, da hab ich rasch mal eine bunte Truppe prominenter Geister kommen lassen, die den Faust durch ihr eintöniges Spiel quasi in den Schlaf gelullt haben (so wie es das Programm von ARD und ZDF oftmals auch mit einem tut). Und damit hab ich den Spieß sozusagen umgedreht, wo sonst doch höchstens der Hund vom Menschen eingeschläfert wird. :D
Und schließlich, während Heinrich unschuldig vor sich her ratzte und wohl wieder mal von seiner Allwissenheit träumte, hab ich noch einen kleinen Deal mit einer Ratte gemacht, die mir das blöde gefährliche Symbol auf der Schwelle in die Freiheit einfach wegknabberte. Und schwups, schon war ich fort. Doch keine Bange, Leute: "Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage!"