Kapitel 2: Weißer Läufer am Zug
Ein erst ausgesprochen zaghaftes, dann allerdings mit jedem Male heftiger werdendes Klopfen gegen die verspiegelte rechte Seitenfensterscheibe des blauen Minivans erlöste dessen drei Insassen wenige Sekunden nach der Verkündung jener schicksalsträchtigen Hiobsbotschaft über den Äther wieder aus ihrer Erstarrtheit. Der Fahrzeugführer entließ den Lautstärkeregler des Autoradios aus seinem Zugriff und tippte stattdessen kurz auf einen der unzähligen anderen Tasten am Armaturenbrett, woraufhin sich das eben noch so sanft beklopfte Seitenfenster langsam im Rahmen der zugehörigen Autotür zu versenken begann. An seiner Stelle kam der schwarzbehelmte Kopf eines typischen englischen Bobbys zum Vorschein, welcher spürbar außer Atem in bemüht amtlichem Tonfall verkündete: "Darf ich die Herrschaften im Zusammenhang mit einer offiziellen polizeilichen Ermittlung zur Feststellung ihrer Identitäten einmal um die Pässe sowie Führerschein und Fahrzeugpapiere bitten!". Der junge Mann auf dem Fahrersitz des Minivans nickte kurz. Dann beugte er sich zur gegenüberliegenden Seite herüber und langte, während das deutlich ältere Pärchen in seinem Rücken dem leicht nervös wirkenden Polizisten bereits die geforderten Ausweisdokumente entgegenstreckte, erst einmal ein wenig umständlich ins naheliegende Handschuhfach. Aus diesem kramte auch er einen Ausweis sowie noch ein paar weitere Dokumente hervor - die ganze Zeit über argwöhnisch beäugt von dem außenstehenden Schwarzhelm. Dessen zuckendes Beamtenauge glaubte dabei plötzlich, unterm durchforsteten Papierstapel eine dort abgelegte Schußwaffe zu erkennen, woraufhin er mit seiner bislang an der Uniformhosennaht angefrorenen Rechten blitzartig die alte, eigentlich nur als Talisman mitgeführte Polizeipfeife seines Urgroßvaters aus seiner Hosentasche hervorholte und - selbige ohne zu zögern im Mund verschwinden lassend - kräftig hineinbließ.
Sichtlich erschrocken rissen die drei Insassen des Minivan fast zeitgleich ihre Arme hoch und bedeckten dabei mit den Handflächen ihre Ohren. Zugleich registrierten ihre weitaufgerissenen Augenpaare, wie sich von der linken Seite der Stadionsmauer her aus einer von dunklem Rauch umhüllten, aufgeregt durcheinanderlaufenden Menschenmasse zwei einzelne Gestalten hervortaten und zielgerichtet auf sie zugelaufen kamen. Bei einer der beiden Personen handelte es sich um eine ebenfalls schwarzbehelmte Polizistin, welche noch im Laufen ihr Funkgerät gezückt hatte und fortan ununterbrochen geradezu anmutig in jenes hineinhauchte. Die zweite Gestalt hingegen gehörte einem bewaffneten Beamten, bekleidet mit einer schußsicheren Weste mit der neonfarbenen Aufschrift "RIO". Kaum am Minivan eingetroffen, richtete Letzterer seine im Anschlag gehaltene, jederzeit zum Schuß bereit entsicherte Dienstwaffe in Richtung des Fahrzeuginnenraums. Zeitgleich beförderte er mit einem kräftigen Hüftschwung den bibbernden Bobby mit der Trillerpfeife im Mund unsanft zur Seite, zog einen Dienstausweis aus der Gesäßtasche und raunte dazu: "Agent Lestrade vom Royal Investigation Office. Ich leite die Ermittlungen vor Ort. Was sollte diese Nummer mit der Pfeife und was haben Sie hier zu melden, Officer?!". Der deutlich eingeschüchterte Träger des schwarzen Helms entfernte sein trillerndes Instrument aus dem Mund und verstaute es umständlich in seiner Hose, woraufhin er direkt vor dem Agent Aufstellung nahm und kleinlaut stotternd berichterstattete: "Sergeant Whistle vom dreizehnten Revier, Sir! Ich war im Begriff, die Insassen des blauen Ford Minivan mit dem amtlichen Kennzeichen LS09 YEL einer Routinekontrolle zu unterziehen, als mir im Innern des Handschuhfachs das Vorhandensein eines Revolvers auffiel, worauf ich ...". Mit einer kurzen ruckartigen Armbewegung fegte Agent Lestrade den ihn eifrig zutextenden Beamten erneut zur Seite: "Ok, Whistler, das war’s dann für Sie! In dem Fall übernehmen Officer Pushup und ich alles Weitere! Die Sache mit dem unangebrachten Zwischenspiel mit der längst aus dem Dienstalltag verbannten Dienstpfeife hat für Sie dann übrigens später mit Sicherheit noch ein kleines disziplinarisches Nachspiel!". Während der maskuline Helmträger daraufhin mit gesenktem Haupt langsam dahinschlurfend vondannen zog, trat sogleich dessen weibliches Pendant mit dem Funkgerät in Händen hinzu und wisperte kaugummikauend: "Lessi, das doofe Ding hier quatscht einfach nich mehr mit mir!". Leise knurrend entgegnete der Agent im Maßanzug: "Das Gleiche blüht Ihnen auch von meiner Seite, Officer Pushit, wenn Sie mich im Dienst noch einmal Lessi zu nennen wagen! Und hören Sie gefälligst mit diesem dämlichen Rumgekaue auf, wenn Sie mit mir reden, verstanden?!". Als passende Antwort spie ihm der weibliche Officer die ausgelutschte Kaugummimasse direkt vor die Füße, wozu sie sich - leicht durch ihr blondgelocktes Haar fahrend - leise in einen nicht vorhandenen Bart murmelte: "Also, in der Heier hattest Du noch nie was gegen meine Kaukünste, und außerdem heiße ich weder Pushie noch Pushup oder Pushit, sondern Pushkin, Policeofficer Alexandra Pushkin". Etwas lauter hingegen ergänzte sie zähneknirschend: "Verstanden, Agent Lestrade, Sir!". Der nickte zufrieden und wandte sich dann dem Fahrzeugführer aus den Reihen der während der ganzen Zeit nie aus den Augen gelassenen dreiköpfigen Besatzung des blauen Minivan zu: "So Freundchen, und Sie legen beide Hände ans Lenkrad, daß ich sie sehen kann! Und dann steigen Sie schön langsam aus dem Wagen. Dabei legen Sie beide Hände in den Nacken und stellen sich dann hier draußen, die Beine breit auseinander, mit dem Gesicht zum Fahrzeug!". Der Fahrer legte die Hände zunächst wie befohlen ans Steuer und erwiderte dazu gleichzeitig kopfschüttelnd: "Ich fürchte, es ist mir persönlich leider nicht möglich, Ihrer zuletzt ausgesprochenen Aufforderung Folge zu leisten!". Verärgert trat der Agent mit der Weste auf der Stelle einen großen Schritt vom Auto zurück, wozu er zu brüllen begann: "Das ist Widerstand gegen die Staatsgewalt! Also gut, wie Sie wünschen, dann eben auf die harte Tour!". Mit einem Ruck riß er mit der Linken die Wagentür auf , packte den Fahrer am üppigen Haarschopf und zog ihn zu sich heraus, wobei der Fahrzeugführer - kaum daß er auf beiden Beinen stand - augenblicklich komplett in sich zusammensackte und zu Boden ging. Sichtlich überrascht löste Agent Lestrade seinen Zugriff, wodurch der dem Fahrzeug entrissene Steuermann mit dem Hinterkopf derart unsanft auf dem darunter liegenden Betonboden des Parkplatzes aufschlug, daß er die Augen verdrehend an Ort und Stelle das Bewußtsein verlor.
Zunächst schaute der RIO Agent etwas verdutzt, dann aber fing er sich rasch wieder und meinte trocken: "Der Kerl simuliert doch! Läßt sich fallen und macht dann einen auf Ohnmacht! Los, Officer Pushell, legen Sie diesem Oskaranwärter wie auch seinen beiden älteren Komparsen im Kleintransporter erst einmal unsere Variante olympischer Ringe an!". Ein zweifaches Klicken sich schließender Polizeihandschallen kündete Sekunden später von der widerstandslosen Ausführung jenes dienstlichen Befehls durch die uniformierte Wasserstoffblondine. Gemeinsam mit ihr trug Agent Lestrade den bewußtlosen Fahrer noch zum in Sichtweite abgestellten Dienstwagen, in dessen Kofferraum man den reglosen Körper kurzerhand verfrachtete. Dann kehrte der Agent wieder zum Minivan zurück, und setzte sich an dessen Steuer wortlos in Richtung Innenstadt in Bewegung, während Blaulicht und Sirene auf dem unmittelbar vor ihm fahrenden Polizeiauto mit Officer Pushkin am Steuer und dem dritten Mann im Kofferraum dafür sorgten, daß man zügig zum Ziel kam.
Nur wenige Minuten später hatten beide Fahrzeuge die Einfahrt zu jenem imposanten Gebäude in der Londoner Innenstadt erreicht, auf dessen Innenhof eine drehbar gelagerter Tafelkomplex jederzeit für jedermann deutlich sichtbar verkündete, daß man sich nunmehr den heiligen Hallen von New Scotland Yard näherte. Agent Lestrade parkte den blauen Minivan unter Mißachtung sämtlicher Vorschriften direkt vor der Treppe zum Haupteingang und sprang mit einem Satz aus dem Wagen. Flotten Schrittes lief er zum von Officer Pushkin vorschriftsmäßig einige Meter weiter geparkten Dienstwagen und erteilte ihr kurz und knapp die Anweisung: "Du wartest schön brav hier draußen, Pushido, während ich die die beiden Alten dem Big Boß übergebe. Wenn das wirklich die Galgenvögel sein sollten, die was mit dem Anschlag auf den Wagen der Queen zu tun haben, dann springt da für mich sicher eine fette Beförderung raus und für Dich heut Abend vielleicht ja sogar ein kleines Leckerli in der Flitterwochensuite vom Ritz!". Sprachs und war auch schon verschwunden, wobei er vor ihren angewidert dreinschauenden Augen das ältere Pärchen aus dem blauen Minivan vor sich her die Treppenstufen zum Haupteingang hinaufschubste.
Dreieinhalb Minuten später pochte es ungewohnt stürmisch gegen die hölzerne Bürotür am Ende des Flures im 20. Stock, deren goldiges Schild dem Besucher bereits strahlend den Besitzer jener dahinterliegenden Räumlichkeiten verkündete: "2012 - Chief Super Intendent Eddi Wallace, Kommissarischer Leiter von New Scotland Yard". Auf ein Hereinbitten aus dem Büroinnern wartete der Klopfer freilich gar nicht erst, er riß sofort die Türe auf und trötete, während er die in Handschellen Gelegten vor sich zur Seite drängte: "Mister Wallace, ich bringe Ihnen hier zwei unserer drei Hauptverdächtigen für den Sprengstoffanschlag auf das Fahrzeug der Königin". Mit weit offenstehendem Mund erhob sich der von dieser überfallartigen Aktion sichtlich überrumpelte kommissarische Yardchef wie in Zeitlupe aus dem Ledersessel hinter seinem Schreibtisch und ging auf den Agent und das in seiner Obhut befindliche Pärchen zu. Er warf zunächst einen Blick auf die etwas verstört dreiblickende Frau, dann auf den schulterzuckenden älteren Herrn, schließlich auf den frischgebackenen Agent seines neugegründeten Inlandgeheimdienstes RIO. An Letzteren gerichtet aber sprach er schließlich: "Das sind also Ihre vermeintlichen Verdächtigen? Na, da ist Ihnen ja wirklich ein großer Fang geglückt! Die Beiden, insbesondere der Herr hier, sind nämlich gute alte Bekannte von mir, Lestrade! Darf ich Ihnen vorstellen: Mister und Misses Svensson. Er seines Zeichens früher selbst einmal ein geschätzter Kollege in den Reihen unserer Mordkommission und mittlerweile recht angesehener und erfolgreicher Privatermittler. Meinen Glückwunsch, Lestrade! Und jetzt nehmen Sie den Beiden endlich die verflixten Handfesseln ab!". Agent Lestrade fingerte nervös ein klitzekleines Schlüsselchen aus der Brusttasche des unter seiner Weste befindlichen Seidenhemdes hervor, dann entfernte er nacheinander erst die Schellen an den Händen von Ex-Inspektor Lukas Svensson und dann an denen seiner Ehefrau Yelena. Die rieben sich kurz über ihre schmerzenden Handgelenke, dann reichten sie sich mit Mister Wallace die Hände, wobei der Yardchef neben selbigen zugleich auch die Gelegenheit ergriff, sich überschwänglich für den Übergriff seines übereifrigen Agents zu entschuldigen. Lukas aber winkte kurzerhand ab: "Daran trifft Sie ja keine Schuld, Sir! Nur um eines möchte ich Sie dringend ersuchen: Lassen Sie doch bitte unseren gehbehinderten Freund und leitenden Computerexperten unserer Antiterroreinheit CI7, Tim Hackerman, aus dem Kofferraum des unten auf dem Parkplatz stehenden Polizeiwagens mit der jungen Polizistin am Steuer befreien!". Eddi Wallace warf Agent Lestrade einen strengen Blick zu, dann befahl er: "Na los doch, Sie Unglücksrabe, worauf warten Sie noch! Sehen Sie gefälligst zu, daß Mister Hackerman umgehend aus seiner von ihnen herbeigeführten mißlichen Lage erlöst und hierher gebracht wird! Und Gnade Ihnen Gott, wenn dem Mann durch Ihre Ramboaktion auch nur ein Härchen gekrümmt wurde". Lestrades Antlitz wurde auf der Stelle leichenblaß, er knallte gehorsam die Hacken seiner Luxustreter zusamen und verschwand umgehend durch die eilends aufgerissene und anschließend wieder ins Schloß fallen gelassene Bürotür.
Chief Super Intendent Wallace hingegen bot dem Svenssonpaar die beiden Stühle vor seinem Schreibtisch an. Und während auch er sich wieder in seinem angestammten Chefsessel niederließ, raunte er kopfschüttelnd: "Ach herrje, dieser Grünschnabel Lestrade, durchaus ein ambitionierter junger Mann, aber er muß noch so viel lernen!". Lukas Svensson nickte: "Ja, er erinnert mich irgendwie an meinen früheren Vorgesetzten und jetzigen Partner Charles Wannabe. Der war ihm einmal ziemlich ähnlich - vor seinem Ausscheiden aus dem aktiven Polizeidienst. Ach, wo wir gerade dabei sind ... Sagen Sie mal, Sir, wollten Sie nicht eigentlich auch schon längst Ihren Ruhestand genießen?!".Etwas wehmütig zog Eddi Wallace die Schultern hoch: "Ja, das stimmt! Aber dann wurde, wie sie ja wissen, erst mein eigentlicher Nachfolger Harold Freakadelly ermordet und schließlich erwies sich auch noch Jeffrey Douglas auf dem Posten als absolute Fehlbesetzung. Nun ja, und jedes Mal griff man von oberster Stelle dann halt übergangsweise auf mich zurück. Ich kann nun mal einfach nicht Nein sagen! Schon gar nicht in dieser für unser geliebtes Vaterland so schweren Stunde!". Lukas beugte sich ein wenig vor: "Ja, sagen Sie mal, Sir, was ist da denn eigentlich passiert heute nach der Eröffnungsfeier?". Der Yardchef senkte sein greises Haupt und seufzte: "Ach, eine wahrhafte Tragödie ist das! Ein Anschlag auf einen Wagen unserer verehrten Königin!". Entsetzt sprangen Lukas und Yelena Svensson nahezu zeitgleich von ihren Sitzplätzen auf, wobei Svenssons Frau sichtlich bewegt zu stammeln begann: "Die Queen ... Sie sein ... ich meinen ... tot??!". Eddi Wallace schaute Yelena traurig an, dann erwiderte er: "Gott sei Dank ist Ihre Majestät, die Königin, selbst körperlich unversehrt geblieben, aber für ihren Enkel Prinz Harry und die Nichte des nordirischen Vize-Regierungschefs, Aine McGuinness, kam jede Hilfe zu spät". Schwer wie Blei fühlten sich die Körper der Svenssoneheleute mit einem Male an, während sie sich Beide kraftlos wie in Zeitlupe auf ihre Stühle zurückfallen ließen. Lukas Svensson gelang es als erstem, die Sprache wiederzufinden. Leise fragte er: "Haben wir schon irgendeine Ahnung, wer hinter diesem feigen Mordanschlag steckt?". Eddi Wallace nickte verhalten, doch noch bevor er sich äußern konnte, wurde erneut die Bürotür aufgestoßen und hinter dem sichtlich angeschlagenen Ex-Fahrer der beiden Svenssons, Tim Hackerman, der nun statt am Steuer seines Minivans in einem yardeigenen Rollstuhl saß, betrat ein etwas weniger arrogant erscheinender Agent Lestrade die Räumlichkeiten und bemerkte leicht außer Puste: "Zum Glück erwies der junge Mister Hackerman nicht ganz so arg gerädert wie sein fahrbarer Untersatz hier. Sorry nochmal! Und was nun die Hintermänner des Mordattentats auf unsern kleinen Prinzen angeht, da haben meine Leute, die mich grad über Handy kontaktiert haben, schon einen neuen Verdacht!". Lukas Svensson drehte sich zu Lestrade um, musterte ihn etwas argwöhnisch und meinte schließlich: "Nun ja, der ist dann hoffentlich nicht wieder so an den Haaren herbeigezogen wie der erste?!". Der Agent errötete leicht, dann räusperte er sich kurz und raunte: "Also, es dürfte sich nach der Auswertung des Opferprofils wohl am ehesten um einen Racheakt der von einflußreichen einheimischen italienischen Mafiosi unterstützten nordirischen Ex-IRA-Splittergruppe, LIRA, handeln. Die hatten vor kurzem bereits in mehreren Drohbriefen den Tod von Ex-IRA-Mitglied McGuinness und seiner ganzen Familie, die sie allesamt als Verräter an ihrer irischen Heimat ansehen, angekündigt. Und das englische Königshaus ist dem ganzen IRA-Gesocks ja eh schon von jeher ein Dorn im Auge gewesen. Wenn mich die Herrschaften also jetzt entschuldigen würden, ich habe da ein paar vielversprechenden Hinweisen nachzugehn". Wie früher in der Schule hob Lukas Svensson den ausgestreckten Zeigefinger in die Luft, vermeldete dann aber doch, ohne erst eine Erlaubnis zum Reden abzuwarten: "Und in alle anderen möglichen Richtungen ermitteln oder gar die Jungs vom CI7 mit ins Boot holen, wollen Sie nicht?". Ein müdes Lächeln huschte über Lestrades sonnenbankgebräuntes Gesicht: "Nette Idee, Mister Swanssson. Mag ja zu Ihrer Zeit so üblich gewesen sein. Aber das hier ist das 21.Jahrhundert, und da ticken die Uhren anders. Außerdem hab da so meine eigene Erfahrung! Hinter dem Ganzen stecken mit Sicherheit die irren Italo-Iren, und mit denen werden meine Leutchen vom Royal Investigation Office noch immer ganz gut allein fertig!". Mit einem Satz und ohne jeden Abschiedsgruß war Lestrade von der Bildfläche verschwunden. Eddi Wallace aber zuckte nur bedauernd mit den Schultern: "Das Attentat fällt beim derzeitigen Stand der Dinge klar in die Zuständigkeit des RIO, und damit entscheidet einzig und allein Agent Lestrade über die Vorgehensweise bei der Untersuchung. So leid mir das tut! Aber selbst mir sind da vorerst rein rechtlich die Hände gebunden". Yelena und Lukas Svensson verabschiedeten sich daraufhin vom Yardchef und kehrten dann gemeinsam mit Tim Hackerman in seinem Leihrollstuhl zum direkt vorm Yardeingang geparkten blauen Minivan zurück, mit dessen Hilfe sie sich schon wenige Minuten später alle Drei mit einem nahezu zeitgleich ausgestoßenen leisen Stoßseufzer vom Hof fuhren.
In zügigem Tempo rauschte der blaue Minivan über die Straßen von London. Dabei lenkte ihn Steuermann Timmy genau in die entgegengesetzte Richtung, in welcher er zuvor von Agent Lestrate bewegt worden war. Einige Zeit schwiegen alle drei Insassen. Dann aber ertönte vom Rücksitz her ein leises: "Ihr auch habt gesehen, wievieles Staub wir da aufgewirbelt auf Flur in Etage von Chef?! Zu mein Zeit als Kraft von Reinigungsfirma das es nicht hätten gegeben". Eifrig nickend stimmte Tim Hackerman Yelena Svensson zu: "Das ist wohl wahr! Aber wer weiß, wer sich da jetzt auch im Personalbüro um die Einstellung kümmert. Ich und mein Chef, wir haben uns damals ja die Leute auch erstmal eingehend angeschaut, bevor wir ihnen eine unserer freien Stelle zukommen ließen". Etwas erstaunt hakte Yelena nach: "So, ich gemeint, Du damals haben immer nur haben sortiert und abgelegt Akten unten in Keller?!". Timy aber lächelte ihr daraufhin sichtlich verlegen über den Rückspiegel zu: "Ok, ok! Kann schon sein!". Und um von dem leidigen Thema abzukommen, ergänzte er an die Adresse seines bislang noch immer sprachlosen Beifahrers: "Wir sollten uns jetzt beeilen, daß wir noch pünktlich zum Flughafen kommen, damit Sie Beide Ihren 14-Uhr-Flieger nach Havanna erreichen. Oder was meinst Du, Exspektor?". Der damit angesprochene Lukas Svensson tat keinen Mucks. Er starrte stattdessen weiter durch die Windschutzscheibe hindurch scheinbar völlig ins Leere. Besorgt tippte ihm seine Frau von hinten auf die Schulter und meinte dazu aufgeregt: "Luki, meine Liebelinge! Dir etwas fehlen? Was denn nur sein los mit Dir? Du mir aber gar nicht gefallen!". Sanft lächelnd drehte sich der, sich langsam aus seiner Erstarrung lösende Svensson zu seiner Gattin um und sprach augenzwinkernd: "Soso, mein Schatz, nach knapp 3jähriger Ehe gefalle ich Dir also schon nicht mehr?! Nein, keine Sorge, Liebling! Mir fehlt nichts - erst recht nicht, seit ich Dich bei mir habe. Aber es gibt da etwas, das geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Eigentlich nur eine ganz unwichtige Kleinigkeit, eine völlig belanglose Beobachtung vorhin im Stadion. Ein kurzes Aufblitzen, das ich nur für den Bruchteil einer einzigen Sekunde aus dem Augenwinkel heraus an einem bestimmten Punkt der Stahlkonstruktion oberhalb der Tribüne aufseiten des Olympischen Feuers bemerkt zu haben glaubte. Und doch beschleicht mich jetzt angesichts des Attentats auf den Prinzen und seine Begleiterin mehr und mehr das Gefühl, daß es da einen Zusammenhang geben könnte". Yelena ließ sich leise seufzend in das Polster des Rücksitzes zurücksinken. Dabei kramte sie ihr Handy aus dem neben ihr liegenden Handtäschchen hervor und begann anschließend, eine längere Ziffernfolge einzutippen. Bei Lukas, der das Ganze vom Beifahrersitz über den Rückspiegel verfolgte, legte sich langsam die hohe Stirn komplett in Falten, wozu er leicht irritiert nachfragte: "Was tust Du denn da, mein Schatz?". Yelena aber erwiderte nur schulterzuckend: "Ich jetzt buchen uns um bei Flughafen auf späteres Maschine nach Kuba. Ich mich doch kennen aus mit Dein Gefühle. Du jetzt nicht eher finden Ruhe, bis Du haben herausgefunden, woher sein gekommen merkwürdiges Blitz bei Feier in Stadion". Lukas schmunzelte: "Oh ja, meine kleine kluge Yel, niemand kennt mich besser als Du! Ich liebe Dich!". Und während Yelena - ihm im Spiegelglas eine Kußhand zuwerfend - ihre telefonischen Verhandlungen mit der zuständigen Fluggesellschaft Interflight am Londoner Flughafen Heathrow begann, wandte sich Lukas Svensson an seinen Fahrer: "Du hast gehört, was meine Frau gesagt hat! Auf gehts, Timothey! Nächster Halt: Olympic Stadium!".
Es dauerte nicht lange, dann parkte der blaue Minivan wieder vor dem Haupteingang jener Olympischen Sportstätte, die jetzt aufgrund der jüngsten Ereignisse - von allen 80000 Gästen kurz nach der gewaltigen Explosion unmittelbar vor ihren Toren verlassen - geradezu verwaist anmutete. Sämtliche für den Rest des Tages anberaumten sportlichen Wettkämpfe waren kurzerhand abgesagt worden. Eine endgültige Entscheidung, ob die Sommerspiele 2012 überhaupt stattfinden sollten, stand noch aus. Alle Flaggen waren auf Halbmast abgesenkt worden, und vor dem Seitentor, durch welches die königliche Familie die Eröffnungsfeier verlassen hatte, legten schluchzende Menschen mit gesenkten Köpfen unablässig Blumensträuße und Kränze nieder, zwischen denen sie hier und da auch ein paar Kerzen entzündeten. Ein Zeitungsjunge verteilte ein Extrablatt mit der Schlagzeile: "High Noon in London - Olympic Nightmare on Emstreet". Tim Hackerman, eben erst mit Hilfe beider Svenssons dem Fahrersitz des Minivan enthoben und ihn den in dessen hinterem Teil verstauten Elektrorollstuhl umgesetzt, kaufte dem Jüngling ein Exemplar der einseitigen Gazette ab. Beim kurzen Überfliegen des zugehörigen Artikels mußte es feststellen, daß auch die Journalie sich bereits ihre vorgefaßte Meinung über die Herkunft der Täter gebildet hatte, denn im Schlußsatz hieß es vielsagend: "Mit dieser Bluttat dürfte die LIRA die Grenzen endgültig überschritten haben und von versteckten Drohungen und Einschüchterungen zum offenen Krieg gegen das Vereinigte Königreich wie auch den Rest der freien Welt übergegangen sein". Lukas Svensson beugte sich - an der Seite seines rollstuhlbedürftigen Schützlings und Freundes Aufstellung nehmend - langsam zu Timmy herunter und raunte: "Ich schau mich jetzt mal ein wenig im Stadiuminnern um! Und Yelena und Du, Ihr könnt Euch hier draußen derweil ja mal ein wenig die Beine vertreten ...". Als ihm bewußt wurde, was er da gesagt hatte, entfuhr dem Exinspektor ein leises: "Entschuldige, Tim!". Der junge Mann im Rollstuhl aber sah ihm schmunzelnd entgegen: "Nur keine Bange, Sir! Ich steh trotz meiner Behinderung mit beiden Beinen im Leben. Und Beine vetreten hört sich nunmal immer noch besser an als Arme versteuern. Ich bin dann mal weg!". Sprachs und legte Hand an den Joystick seines fahrbaren Hitech-Untersatzes, welcher sich umgehend mit Schrittgeschwindigkeit in Richtung Weakley Plaza Ecke Elmstreet in Bewegung setzte, unmittelbar gefolgt von der sich rasch noch mit einem leidenschaftlichen Kuß von ihrem Göttergatten verabschiedenden Misses Svensson.
Mister Svensson hingegen streifte sich anschließend noch rasch seinen - auf der Rücksitzbank des Ford mitgeführten - alten geliebten Trenchcoat mit den ausgebeulten Taschen über und verschaffte sich daraufhin mit dem auf seinen Namen ausgestellten Fackelläufer-Sonderausweis Zutritt am ansonsten für die Allgemeinheit gesperrten Stadionshaupttor, von dem aus er sich über eine der Treppen der Zuschauertribüne, die hinter einer Feuertür gelegene Feuerleiter und eine Dachluke den Zugang zu jener Stelle der oberen Stahlkonstruktion erschloß, wo er bei den Eröffnungsfeierlichkeiten das aufblitzende Licht erspäht zu haben glaubte. Es war recht finster und zugig dort oben, aber man hatte auch eine unheimlich schöne, völlig freie Aussicht auf das gesamte Stadioninnere. Lukas allerdings nahm weitestgehend Abstand davon, den Ausblick gebührend zu würdigen - stand ihm dabei doch seine Höhenangst deutlich im Weg. Nein, der Exbeamte widmete sich mithilfe der kleinen Stabtaschenlampe, die er aus einer seiner Manteltaschen hervorzauberte, lieber jenen Abgründen, die sich in deren Zwielicht auf dem Boden unterhalb der bewußten Stahlverstrebung auftaten. Zunächst war da mal eine größere Ansammlung angetrockneter tierischer Exkremente, gewiß von der seinerzeit vor Ort ebenfalls beobachteten, im Zickzackkurs aufsteigenden Taube herrührend. Das war dann aber weit und breit auch schon alles an sichtbaren Spuren. Viel interessanter unterdess erschien dem Exinspektor, was er nicht sah ... Staub. Der fehlte auf den Stahlplatten des Deckenbodens nämlich fast ganz. Und dabei war er an den unmittelbar darüberliegenden Stahlstreben doch flächendeckend in recht dicker Schicht vorhanden. Das ganze Szenario ließ nur einen Schluß zu. Hier hatte jemand geradezu akribisch saubergemacht und damit scheinbar alle Spuren seiner Anwesenheit im Nachhinein sorgfältig zu verwischen gesucht. Angesichts dieser Tatsache wagte Lukas nunmehr doch einen flüchtigen Blick in die Tiefe und damit in das Stadion hinein. Sollte seine Vermutung stimmen, und sich an dieser Stelle der Liegeplatz eines vermeintlich professionellen Scharfschützen befunden haben, dann gäbe es unter Umstämdem auch einen zweiten Schützen und einen zweiten Liegeplatz auf der unmittelbar entgegengesetzten Seite des Stadions. In aller Eile trat Lukas Svensson zum Abstieg an, durchquerte das komplette Stadion und stieg auf der anderen Seite über Treppe, Feuertür, Leiter und Dachluke erneut bis zum nächsten Höhepunkt auf. Wie bereits erahnt, bot sich dem ehemaligen Kriminalbeamten hier das gleiche Bild. Ringsherum dicke Staubablagerungen, aber am Deckenboden unterhalb des stählernen Dreiecks nur eine ganz hauchdünne Schicht. Sonst keine weiteren Spuren vorhanden. In Lukas' Kopf begann es zu rattern. In seiner lebhaften Phantasie malte er sich aus, wie man von beiden Seiten völlig unbeobachtet die Königin und ihre Begleiter ins Visier genommen hatte, untereinander jederzeit über Funk in Kontakt stehnend. Zentral koordiniert vermutlich von jemandem außerhalb. Wenn man sich aber vonseiten jener Leute schon soviel Mühe gemacht hatte, jeden Schritt der Queen, des Prinzen und der Nichte des nordirischen Regierungsvizechefs zu überwachen, ohne abzudrücken - wäre man dann nicht beim Zünden des Sprengsatzes erst recht auf Nummer sicher gegangen und hätte ... Diesen Verdacht galt es umgehend zu überprüfen. Und so eilte Lukas Svensson, nachdem er Dachluke, Feuerleiter und Feuertür hinter sich gelassen hatte, in nahezu dem gleichen Tempo die lange Stadionstreppe hinab, in dem er wenige Stunden zuvor eine der anderen Treppen hinaufgeeilt war. Galt es nämlich seinerzeit, vor aller Welt ein friedliches Feuer zu entzünden, so lag es nun unter Umständen an ihm, das Aufflammen eines kriegerischen Weltenbrands zu verhindern.
Tim Hackerman hatte sich mittlerweile dank der Vollmachten, die ihm seine CI7-Dienstmarke verlieh, am polizeilich abgesperrten Explosionsort ein wenig genauer umsehen können. Überall lagen völlig verrußte Metalltrümmerteile herum, die zum Teil noch immer vor sich her qualmten. Der Bodenbelag der Straße war an der Stelle der unmittelbaren Detonation deutlich eingebeult und hatte ein paar unschöne Risse bekommen, die aber teilweise vom ausgebrannten Hauptteil des quer daraufliegenden Autowracks verdeckt wurden. Seitlich davon lagen - nebeneinander ausgebreitet - zwei große weiße Tücher, unter denen man die verkohlten sterblichen Überreste von Prinz Harry und Aine McGuinness nur noch erahnen konnte. Zwei Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens mit dem klangvollen Namen "My Everlasting Silence Service" machten sich gerade an die undankbare Aufgabe, die bislang ganz in weiß gehüllten Leichenteile des im Tode vereinten Paares in zwei mitgebrachte leere Zinkwannen umzubetten. Yelena Svensson, die dem ganzen tragischen Schauspiel hinter der Polizeiabsperrung beiwohnte, schossen die Tränen in die Augen. Was die königliche Familie, aber auch die nordirische Familie McGuinness in diesem Moment wohl durchmachen mußten?! Der plötzliche Verlust eines geliebten Menschen ist schließlich immer etwas Schreckliches, besonders wenn er auf eine so grausame und sinnlose Art und Weise geschieht. Kaum auszudenken, wie sie sich fühlen würde, wenn ihrem geliebten Lukas, ihrer lange Jahre verschollenen Tochter Jane oder gar ihrem Enkel Luke ... Erschrocken blickte sie zur Seite, wo just in dieser Sekunde Timmy mit quitschenden Reifen seinen Elektrorolli zum Stehen brachte. Auch ihm liefen die Tränen in Strömen übers Gesicht, und leise schluchzend offenbarte er: "Sorry, Misses Svensson, wenn ich Ihnen hier jetzt was vorjammere! Aber das Ganze holt in mir einfach alles wieder hoch! Jene Explosion der Granate im Berliner U-Bahnschacht vor drei Jahren, mit der sich der von mir verfolgte Verbrecher Derrik Crawler nicht nur selbst ins Jenseits sprengte, sondern deren Folgen mich wohl zeitlebens an meinen Rollstuhl fesseln werden". Yelena Svensson strich dem betrübten jungen Mann übers akurat gefönte Haar: "Ach, Timmy! Immerhin, Du leben. Du haben hübsches Sabrina, die Dich lieben und mit der Du auch schon planen Zukunft mit kleines Baby aus künstliches Befruchtung. Ich da gerade vor mir sehen zwei armes Menschen, die alles das nicht mehr können tun". Zitternd wies der Zeigefinger ihrer rechten Hand auf die beiden Zinkwannen, die im selben Moment - sich einander seitlich sanft berührend - in den Leichenwagen geschoben wurden. Der junge Hackerman wischte sich mit dem Handrücken die Tränen vom Gesicht: "Sie haben recht! Ich lebe! Und ich liebe das Leben! Es gibt für mich auf dieser Welt noch so viel zu erleben und zu entdecken ... Apropos entdecken. Mir ist da nämlich etwas aufgefallen. Links hinter den Büschen gibt es eine Stelle, die ist im Gegensatz zu ihrer gesamten Umgebung völlig frei von Müll. Sogar das sonst zentimeterhohe Gras ist dort wie mit der Schere auf wenige Millimeter akurat zusammengestutzt. Ähnlich sieht es dort drüben rechts hinter dem kleinen Holzzaun aus. Wieder keinerlei Müll und der Zuckersandboden sieht aus wie frisch übergefegt. Merkwürdig oder?!". Aus ein paar Metern Entfernung aber erschallte in diesem Augenblick lauthals die Stimme des geradezu heranstürmenden Lukas Svensson: "Keineswegs, mein Freund, keineswegs! Nur ein weiteres Indiz für meine Theorie ...".
Hinter der verstaubten Übergardine eines längst zu Bruch gegangenen Fensters im vierten Stock des Schulbuchlagers am Ende der Weakley Plaza beobachtete ein Mann aus seinem Versteck heraus durch das aufgepflanzte Zielfernrohr eines Präzisionsgewehrs die Straße und damit auch den während seines Eintreffens wild gestikulierenden Svensson. Er drückte auf den Sprechknopf seines umgehängten Funkgeräts und wisperte leise: "BLACK Raven ruft WHITE Eagle! Hier vor Ort schnüffeln zwei Kerle und eine Braut rum, der eine Knabe ist anscheinend etwas fußlahm und scheint nach Auskunft seiner vorgezeigten Dienstmarke von der einheimischen Antiterrortruppe zu sein. Was soll ich tun?". Aus dem Lautsprecher des Funkgeräts aber krächzte es augenblicklich elektronisch verzerrt: "Nehmen Sie mit BLUE Tit die Verfolgung des Trios auf! Vorerst unauffällig. Jede Viertelstunde Meldung an mich! Bei Bedarf stoßen GREEN Starling und RED Robin dazu. Wichtig ist: Sollte einer von denen der Wahrheit zu nahe kommen, muß er unverzüglich ausgeschaltet werden. Denken Sie daran, daß wir als Mitglieder der Eliteeinheit GAVRILO einem Ruf verpflichtet sind! Seit diese Spezialeinheit im November 1963 in Dallas ereignisbezogen spontan ins Leben gerufen wurde, haben wir all unsere Aufträge erfolgreich abgeschlossen. Die beiden Brüder J.F.K und R.F.K ebenso wie den schwarzen Bürgerrechtspfaffer M.L.K, den schwedischen Regierungssozi Olof P, Ex-Pilzkopf und Yapsenliebling John L oder die in Deutschland unbequem gewordenen Politheinis Uwe B und Jürgen W. M. Zugegeben, bei den beiden Letztgenannten bedienten wir uns etwas unüblicherer Methoden, aber entscheidend ist und bleibt am Ende der erfolgreiche Abschluß einer Mission. Das ist es schließlich, was wir auf Grundlage der Ereignisse rund um den 28. Juni 1914 als das Gavrilo-Prinzip bezeichnen. Over!". Wieder bediente der Mann am Fenster den Sprechknopf und raunte: "Wer weiß das alles besser als ich, hab ich doch selbst bei meinem ersten Auftrag im Jahre 1997 in Paris die Mutter des heute ausradierten Königsknaben objektiv gesehen nur mittels Fotokamera und meiner rasanten Fahrweise zur Strecke gebracht. Von daher sollte die Verfolgung und eventuelle Auslöschung eines herumschnüffelnden Krüppels und eines Rentnerpärchens für mich ja wohl ein Leichtes sein. Over & Out!".
Draußen vor dem Fenster hinter dem polizeilichen Absperrband hatte Privatermittler Lukas inzwischen seine Theorie vor Yelena und Timmy ausgebreitet, woraufhin letzterer nachdenklich anmerkte: "Wir sprechen also von mindestens 4 bis 5 Scharfschützen unter zentraler Führung. Zwei von ihnen im Stadion zum Vorsondieren der Lage. Zwei bis drei weitere, die den Konvoi kurz nach seiner Abfahrt gezielt ins Kreuzfeuer nehmen. Letztlich bedient einer von ihnen oder aber der große Unbekannte in der Zentrale den Fernzünder für die Sprengladung. Und für den Fall, daß diese versagt, kann man die Zielobjekte notfalls noch immer mittels der Scharfschützen ausschalten lassen. Erinnert mich irgendwie stark an die Verschwörungstheorien beim Attentat auf Präsident Kennedy. Wie dem auch sei: So logisch das Ganze für mich auch klingt, offiziell wird da für mich nichts zu machen sein. Beweise haben wir schließlich keine, und Du hast diesen Agent Lestrade ja vorhin gehört. Das RIO ermittelt in dem Fall allein, das CI7 bleibt außen vor. Wenn wir Deinem Verdacht also nachgehen wollen, ist das momentan nur auf eigene Faust möglich. Und es könnte, wenn Du mit Deinem Verdacht richtig liegst, für uns alle verdammt gefährlich werden. Im schlimmsten Falle lebensgefährlich!". Lukas senkte das immer kahler werdende Haupt und nickte. Yelena aber holte erneut das Handy aus ihrem umgehängten Handtäschchen hervor und sprach, während sie es ihrem Mann entgegenstreckte: "Auf jedes Fall Du solltest Dir holen Hilfe von jemand, der sich auskennen mit solches Situation". Ihr Mann hob seinen Blick und schaute ihr dabei tief in ihre wunderschönen kastanienbraunen Augen, wozu er freudestrahlend ausstieß: "Du meinst, ich soll ihn, unseren allerbesten Freund ...". Im selben Moment verschwand das Strahlen auch schon wieder aus seinem Gesicht, und kleinlaut vermeldete der Svenssongemahl: "Aber ich hab ja seine Nummer gar nicht im Kopf. Und außerdem, was wird aus Kuba?". Yelena drückte ihm das Handy in die Hand und erwiderte lächelnd: "Insel von fidele Castro können warten, nationales Sicherheit nicht. Und was angehen die fragliche Nümmerchen: Was Du nicht haben in Kopf, ich dafür haben in Speicher von Kurzwahl. Los also jetzt, Du rufen endlich an und sagen, daß Du ihn brauchen. Alles, was Du müssen tun vorher, ist drücken kurzes Wahltaste und Nummer mit zwei Stellen ... 24 ..."
[Fortsetzung folgt]
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