Jeder große Schreiberling hat irgendwann mal klein angefangen. Bei der folgenden Geschichte handelt es sich um mein kriminalgeschichtliches Erstlingswerk aus dem Jahre 1987. Ich habe es im Alter von 15 Jahren während des Aufenthalts in einem Zentralen Pionierlager der ehemaligen DDR geschrieben. Dem geneigten Leser wird beim Entdecken jener Geschichte sicher nicht entgehen, daß es sowohl von der Schreibweise wie auch der sich in ihr offenbarenden Gedankenwelt des Jungen Svenni - der in den Grundzügen seiner erdachten Hauptfigur recht nahekommt - gar nicht einmal so sehr von deutlich aktuelleren Stories unterscheidet. Aber lies doch einfach selbst, wobei Dir der große wie auch der kleine Sven an dieser Stelle gleichermaßen Gute Unterhaltung wünschen!
PERSONEN:
Achim Gröger, seine Gastfamilie Frau und Herr Müller mit deren Kinder Anke und Daniel,
die Nachbarn Frau Martin, Herr Kantner,
die Schüler Lutz, Frank, Anton, Uwe, Hans
und die Lehrer Frau Schrank, Frau Böhmer, Frau Reilitz, Herr Kurwe, Herr Bert
sowie der Polizeibeamte Major Taubahn und ein Bekannter der Familie Müller, Herr Meise
Inmitten einer Kleinstadt unweit von Magdeburg steht ein großes Haus mit der Hausnummer 13. Das Gebäude wird von einer Familie Müller bewohnt - doch da zur Zeit Winterferien sind, hält sich auch Achim Gröger, der Sohn einer Kollegin von Frau Müller, dort auf. Zwischen beiden Familien besteht ein nahezu brüderliches Verhältnis. Jedes Jahr in den Winterferien darf Achim zu Familie Müller fahren, wenn seine Eltern geschäftlich verreisen.
Achim sitzt am Kachelofen im Wohnzimmer. Auf dem Tisch liegt ein Geschenk von Frau Müller. Darauf steht: "Für Achim zum Geburtstag". Es ist ein Buch mit dem Titel "Sherlock Holmes - 17 Detektivgeschichten". Achim wollte früher schon immer Detektiv werden. Er träumte davon, daß er endlich sein Können unter Beweis stellen dürfe. Im letzten Jahr wußte er noch nicht, daß sein Traum schon sehr bald wahr werden sollte.
Frau Müller hat zwei Kinder, die vierzehnjährige Anke und den dreizehnjährigen Daniel. Achim, er ist immerhin auch schon 14 Jahre alt, hat eine Schwäche für Anke, die diese auch offenkundig erwidert.
Als Herr Müller an diesem Abend aus seinem Labor kommt, steht das Abendbrot schon auf dem Tisch. Nach dem Essen geht Achim zu Bett. Er schläft im selben Raum wie Daniel und Anke. Diese hat eigentlich ein eigenes Zimmer, aber dort ist schon seit einem Jahr der Fußboden defekt, so daß es leer steht. Die Anwesenheit von Anke im Zimmer ist für Achim ein freudiger Zustand.
Es ist an diesem Abend 20 Uhr, als Achim erschöpft einschläft. Er träumt von den Ereignissen des letzten Jahres in diesem Haus, die ihn zum Detektiv machten. Und das begann so:
Es war ein kühler Februarmorgen. Am Vorabend hatte es geschneit und erst gegen 1 Uhr waren die letzten Schneeflocken gefallen. Es war 8 Uhr. Anke, Daniel, Herr Müller und Achim sowie Herr Meise, ein Bekannter der Familie, saßen am gedeckten Frühstückstisch. Da vernahmen sie einen Schrei, der aus dem Schlafzimmer von Frau und Herrn Müller kam und folglich durch Frau Müller verursacht worden war. Als sie ins Zimmer kamen, stand Frau Müller starr vor Schreck am Schlafzimmerschrank, der in der äußersten Ecke des Zimmers zu finden war. Frau Müller zeigte mit der linken Hand zum Boden. Dort stand eine geöffnete Geldkassette. Doch diese war leer. Der Plastikeinsatz, in dem Müllers zu jener Zeit etwa 5800 Mark aufbewahrten, hatte keinen Inhalt mehr. Achim wurde klar, worum es hier ging. Alles, was folgte, lief ziemlich schnell ab. Herr Müller rief die Polizei an. Achim, der Gefallen an diesem Fall gefunden hatte, baute bis zum Eintreffen der Beamten ein Tonbandgerät auf und verlegte ein Mikrofon bis ins Wohnzimmer, wo er es nahe dem Tisch versteckte. Nun konnte er sämtliche Vernehmungen mitschneiden.
Nach 10 Minuten kam die Polizei endlich an. Die Spurensicherung hatte etwa eine Stunde zu arbeiten. Danach informierte Major Taubahn, der den Fall bearbeitete, über die bisherigen Ergebnisse: "An der Kassette waren keine Spuren von Gewaltanwendung festzustellen. Der Täter muß die Kassette mit einem Schlüssel geöffnet haben." Auf Frau Müller schauend, fragte er: "Wer hat einen Schlüssel zur Kassette?" Diese antwortete verstört: "Es gibt nur einen. Ich habe die Stahlkassette nämlich von meiner Nachbarin Frau Martin. Und dieser eine Schlüssel liegt ... na ... im Schrank, wo sich die Nachtwäsche befindet." - "Das stimmt. Wir haben ihn gefunden. Haben Sie ihn gestern benutzt?" - Nein, gestern nicht", antworteten Herr und Frau Müller fast gleichzeitig. "Aber wie kommen dann die Fingerabdrücke von Herrn Meise an den Schlüssel?" Entsetzt sah Herr Meise auf. "Ja, wir haben das überprüft. Wir wissen, daß sie vorbestraft sind ... wegen Diebstahl", erklärte Taubahn und sah Meise dann verschärft an. "Ja, aber ich habe doch damals schon gesagt ...", wollte sich der rechtfertigen, doch da fiel ihm Taubahn ins Wort: "... daß Sie unschuldig waren." Man hörte an der Stimme, daß er es ihm weder je geglaubt hatte, noch in diesem Moment glaubte. "Haben Sie auch für die Fingerabdrücke am Kassettenschlüssel eine plausible Erklärung?" - "Jawohl, gestern nahm ich mir einen Schlafanzug aus dem Schrank. Da fiel der Schlüssel heraus. Ich hob ihn auf und legte ihn wieder in den Schrank." Taubahn lachte. "Ich dachte an eine plausible Erklärung. Außerdem spricht noch mehr dafür. An beiden Eingängen gibt es keine Spuren von Gewaltanwendung. Der Täter besaß einen Schlüssel oder befand sich im Haus, da beide Türen verschlossen waren. Doch weil im Schnee keine Spuren vorhanden waren, scheidet der Besitz eines Schlüssels und das Eindringen des Täters von draußen aus." In diesem Moment kam ein anderer Polizist ins Zimmer. Er hatte sich bei Meises Bekannten umgehört. Es stellte sich heraus, daß Herr Meise bei einem Kollegen noch 5000 Mark Schulden hatte und für sein, vor einem halben Jahr erhaltenes Auto noch 1000 Mark zu zahlen hatte. Beides wollte er an diesem Tag erledigen. Da er dieses Geld aber nicht hatte, war dieser Fall für die Polizei klar. Das genügte für eine vorübergehende Festnahme.
Kurz nach der Abfahrt der Polizei stürzte die weinende Anke ins Zimmer. Herr Meise hatte ihr einmal das Leben gerettet, als sie beinahe ertrunken wäre. "Ich weiß, daß jetzt nur Du noch helfen kannst. Rette Herrn Meise ... mir zuliebe!" Sie legte ihren Kopf in seinen Schoß, und Achim stieg die Röte ins Gesicht. Er sagte: "Aber natürlich, für Dich würde ich doch die Sterne vom Himmel ho..." Ein plötzlicher Kuß verschlug Achim die Sprache. Verblüfft sah er der hinauslaufenden Anke nach.
WAS BISHER GESCHAH: Der 14jährige Achim Gröger verbringt seine Winterferien bei der Familie Müller, für deren Tochter Anke er schwärmt. Er erinnert sich daran, wie im vergangenen Jahr aus einer Geldkassette seiner Gastfamilie 5800 Mark gestohlen wurden. Die Polizei, allen voran Major Taubahn, hatte damals sofort den vorbestraften Herrn Meise in Verdacht - einen Freund der Familie, dessen Fingerabdrücke am einzigen Schlüssel der Geldkassette ihn sofort schwer belasten. Anke, der Herr Meise einmal das Leben gerettet hatte, bittet Hobbydetektiv Achim daraufhin, auf eigene Faust zu ermitteln, um so die Unschuld von Herrn Meise zu beweisen. Und ihren "Argumenten" kann sich Achim nicht entziehen ...
Am Abend sollte es Kartoffelsalat geben. "Hol bitte ein paar Kartoffeln aus dem Keller, Achim!", sagte Frau Müller. Achim stieg in den dunklen Keller. Er fand aber sofort den Lichtschalter. Im Keller standen viele Kisten und Beutel. In den Beuteln waren Kartoffeln. Achim nahm sich einen der Beutel. Noch einmal blickte er sich im Keller um. Da seh er eine alte Holztür mit einem ziemlich verrosteten Schloß davor. Doch was war das? In der Ritze dicht unter dem Schloß steckte ein blauer Kleiderfetzen. Achim wollte den Fetzen entfernen, als er an den Türgriff kam. Die Tür sprang unter einem lauten "Pieepp" auf. Er schloß sie wieder und steckte den Fetzen in die Tasche. Dann trug er den Beutel nach oben.
Beim Abendbrot fragte Achim ganz nebenbei: "Ach ... was ist das für eine alte Kellertür dort unten?" - "Ja die, die haben wir schon fast vergessen. Diese Tür führt zum Keller des Nachbarn Martin. Sie ist schon lange nicht mehr benutzt worden. Den Schlüssel zum Schloß haben wir, den Zweitschlüssel die Nachbarn. Wir wollen ihn für den Notfall behalten ... So, hier ist die Bockwurst mit Kartoffelsalat." Nach dem Essen sagte Daniel, er wolle heute bei einem Freund übernachten. Lächelnd sah er Achim und Anke an: "Ihr habt ja sowieso nichts dagegen." Er hatte schon lange bemerkt, was beide füreinander empfanden.
Gegen Abend wurde der Wind stärker, und als die Familie zu Bett ging, war er schon zu einem Sturm angewachsen. Bei jedem Geräusch schreckte Anke auf. Als es immer schlimmer wurde, fragte sie Achim: "Du ... ich hab solche Angst ... Du ... kann ... ich meine .. darf ich zu Dir ins ... ins Bett ... kommen?" Eine Weile blieb alles still. Dann sagte Achim: "Na gut. Dann komm!" Zunächst blieben sie soweit wie möglich voneinander entfernt. Doch je stärker der Sturm wurde, desto näher kam Anke zu Achim herübergerutscht. Eine Stunde vor Mitternacht schliefen sie ein, sich gegenseitig umarmend.
Am Morgen kam Daniel wieder und erblickte die Engumschlungenen. Er weckte die Beiden, und während diese sich verblüfft anschauten, sagte er lächelnd: "Ist der Kater aus dem Haus ... naja." Anke schlug mit gleicher Waffe zurück: "Na, Dein Freund benutzt wohl auch Lippenstift und heißt Andrea." Daniels Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. "Kein Wort zu Mama!", flüsterte er Anke bittend zu, während er sich den Lippenstift von der Wange entfernte. "Ach, wo werd ich?", antwortete diese, "aber das beruht auf Gegenseitigkeit." Dann fiel ihr Blick auf Achim: "Guten Morgen, Achim! Danke, daß Du mich gestern ... naja .. so mutig beschützt hast. Weißt Du, Achim ... was Du mir gestern versprochen hast?" Er erinnerte sich. Er nickte ihr zu und bekam wieder einen Kuß. Dann begann er mit seinen eigenen Ermittlungen. Er untersuchte die Kassette. Im leeren Fach lag nichts als ein blauer Faden. Das war der ganze Rest des Reichtums, der Rest von 5800 Mark.
Die Frühstückszeit kam. Achim aß wenig, er dachte nur an die Nacht mit Anke, an ihre beiden Küsse und an sein Versprechen. Daniel kam aus dem Wohnzimmer. Im nächsten Augenblick erschien Frau Müller von den Einkäufen zurück. Nachdem sie das Eingekaufte in die Schränke einsortiert hatte, sagte sie zu Daniel: " So, hier ist die bestellte Mausefalle." Sie schaute zum staunenden Vater herüber und erklärte: "Vorletzte Nacht hat Daniel im Keller ein Piepsen gehört." Nach dem Frühstück wurde die Falle aufgestellt. Achim ging währenddessen in den Garten.
Es duftete nach Bratäpfeln - Achims Leibgericht. Der Geruch kam aus der Küche des Nachbarhauses der Martins. Achim kannte Frau Martin sehr gut. Sie war immer freundlich und erfüllte ihm alle seine Wünsche. Dann sah er sie. Frau Martin fegte gerade den Schnee vom Gehweg. "Guten Morgen!", sagte Achim freundlich. Erschrocken drehte sich Frau Martin um. "Du? ... Du! ... Achim?!" Und dann wurde ihr Ton etwas wütender: "Was willst Du, he? Na, was?" Achim war über diesen, von ihr noch nie gehörten Ton erschrocken. Sie war doch wie immer, hatte sogar ihre blaue Kittelschürze um. Aber die gute Schürze hatte ja einen hellblauen Flicken. Als er sie danach fragte, antwortete sie zornig: "Was geht Dich das an, Du Lausejunge? Hau ab!" Achim ging ins Haus zurück. Wie kann sich ein Mensch nur so verändern?
WAS BISHER GESCHAH: Der 14jährige Achim Gröger verbringt seine Winterferien bei der Familie Müller, deren Tochter Anke er während einer stürmischen Nacht näherkommt. Nachdem der Gastfamilie zuvor aus einer Geldkassette 5800 Mark gestohlen wurden, ermittelt Achim auf Ankes Bitte hin nun auf eigene Faust, um so den von der Polizei festgenommenen Hauptverdächtigen Herrn Meise zu entlasten. Er entdeckt zunächst nur einen Stoffetzen an einer längstvergessenen Kellerdurchgangstür, die aufgrund ihres langen Unbenutztseins ein merkwürdiges Geräusch von sich gibt, sowie einen einzelnen Faden in der leergeräumten Geldkassette. Und während die Müllers im Keller mit dem Aufstellen einer Mausefalle beschäftigt sind, trifft er auf die sonst stets so freundliche Nachbarin Frau Martin, an der außer ihrer blauen, geflickten Kittelschürze scheinbar nichts mehr so ist wie früher ...
Während Achim so nachdenklich im Hause der Müllers ankam, klingelte plötzlich das Telefon. Fröhlich verkündete Daniel: "Es ist Oma aus Berlin." Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck, sein Blick wurde traurig: "Was? ... Opa im Krankenhaus? ... Herzinfarkt?" Herr und Frau Müller sprangen erschrocken auf. Nach einer halben Stunde waren sie und auch Daniel zur Abreise bereit. Sie verabschiedeten sich vor der Haustür von Anke und Achim und liefen zügig zum Bahnhof.
Die beiden Verbliebenen gingen ins Haus. Anke fragte ganz unerwartet und mit verstellter, männlich klingender Stimme: "Nun, Holmes, wie steht es mit den Recherchen?" Achim sah Anke lange an und begann dann: "Bis jetzt habe ich noch nichts entdeckt. Wenigstens kann ich bis heute noch nichts aus meinen Beobachtungen folgern ... Bist Du Dir bei Herrn Meise ganz sicher? Woher hatte er denn das Geld für das Begleichen seiner Schulden?" Plötzlich fiel Anke etwas ein. Sie holte eine ältere Zeitungsausgabe der "Wochenpost" aus einem Schubfach des Wohnzimmerschrankes heraus. "Hier lesen Sie mal, Holmes!" Achim las:
"LIEBHABERSTÜCK: ARMBAND, 750ER GOLD, 6400 MARK, ZU VERK. EXPERTISE VORHANDEN, ZUSCHR. AN J. MEISE ..."
"Meise hatte am Abend vor seiner Festnahme einen Käufer gefunden, so sagte er", setzte Anke hinzu. "Moment, das entlastet ihn ja dann", rief Achim. "Dann gehen wir jetzt zur Polizei, oder?", fragte Anke erstaunt. Doch Achim sagte ernst wenn auch liebevoll: "Laß mich allein gehen, bitte!" Anke wurde wütend: "Du willst mich los sein?! Aha, so ist das!" Und schon knallte die Tür hinter ihr.
Achim machte sich auf den Weg zur Polizei. Er war etwa zehn Minuten gelaufen, als er das große Gebäude mit der Aufschrift "Polizei" vor sich hatte. Im Büro, an dessen Tür auf einem Schild "Abteilung für Diebstahl" stand, saß Major Taubahn. "Aha, Achim", sagte Taubahn einfach und kühl, ohne aufzublicken. Und genauso kam sein: "Was willst Du denn?" Achim zeigte Taubahn die Zeitungsanzeige und erzählte ihm die Geschichte. "Kein direkter Unschuldsbeweis. Ohne Täter läuft nichts!", erwiderte der Major lachend. Wütend verließ Achim das Dienstzimmer. Der Ruf "Tschüß, Du Detektiv!" flog noch hinter ihm her.
Am Abend, als der inzwischen heimgekehrte Daniel in sein Zimmer kam, sah er Anke auf der einen Seite des Raumes und Achim auf der anderen. Beide saßen mit dem Gesicht zur Wand. Fröhlich rief Daniel: "Hallo, wie gehts, ihr Liebenden?" Anke stand auf, und erneut knallte die Tür hinter ihr. "Streit?", fragte Daniel. "Und ob! Ich wollte nicht, daß sie zur Polizei mitkommt, zu ihrer eigenen Sicherheit ..." Daniel ging und traf Anke im Wohnzimmer an. Als er sie ansprach, meinte sie nur wutentbrannt: "Ich werde ja wohl noch dahin gehen können, wo ich will! Schluß, aus, Ende!"
Beim Abendbrot knisterte die Anspannung förmlich in der Luft. Achim unterbrach die Stille mit der Frage: "Wie geht es Deinem Großvater, Daniel?" - "Es geht ihm schon viel besser." Anke platzte in das Gespräch: "Was gehts Dich überhaupt an, altmodischer Lackaffe?!" Sie stand auf. "Ach ja", sagte Herr Müller zu ihr, "da ist ein Brief für Dich. Ohne Absender." Damit übergab er ihr den Briefumschlag. Anke eilte in ihr Zimmer, war aber schon wenig später wieder in der Küche. "Ich muß noch mal weg!", rief sie und verschwand. Daniel rannte zu Achim: "Du, ich glaube, da ist was faul.", sagte er, "Paß mal lieber auf sie auf!" "Gut.", erwiderte Achim und ging in Ankes Zimmer. Auf dem Nachttisch fand er den Brief. Auf karriertem Papier stand mit Schreibmaschine geschrieben: "Komm um sechs zum alten Kahnschuppen! Uwe."
Achim zog seinen Mantel an und verließ das Haus. Er ging durch den Garten der Müllers über die Wiese, den Waldweg entlang - und sah schließlich den See im Licht der untergehenden Sonne blinken. Mitten auf der Wiese stand der leere Kahnschuppen. Er hatte einmal Ernst Heinsert, einem Angler, gehört. Der war jedoch schon 15 Jahre tot. Im Schuppen war alles dunkel. Kein Mensch war zu sehen - weder Anke noch der Briefschreiber. Achim erschrak. Er ahnte, daß etwas geschehen war - und das war nichts Gutes. Wahrscheinlich waren der Briefschreiber - der sicherlich nicht Uwe hieß - und der Dieb ein und dieselbe Person. Achim wollte den Schuppen gerade verlassen, da klopfte es an eine der Bodenplatten. Achim sah eine verriegelte Klappe im Boden. Er schob den Riegel beiseite, öffnete die Klappe und sah Anke. Diese war in einem mit Wasser gefüllten Behälter eingesperrt. Achim trug sie nach Hause. Dort fragte er sie, wie das geschehen sei. Sie antwortete, daß sie sich nur daran erinnere, daß sie in den offenstehenden Behälter fiel und daß jemand dann die Klappe schloß und verriegelte. Herrn und Frau Müller wollten sie von dem Vorfall nichts erzählen, weder Achim noch Anke hatten daran Interesse. Außerdem nutzte Achim das Gespräch als Gelegenheit, um Anke die Gründe zu verdeutlichen, die ihn bewogen hatten, allein zur Polizei zu gehen.
Spät am Abend kam Frau Müller ins Zimmer. Achim war beim Kofferpacken, denn die Ferien waren vorbei und am nächsten Tag begann für ihn im fernen Berlin die Schule wieder. Anke saß traurig daneben auf ihrem Bett. Frau Müller verkündete: "Achim, Deine Mutter hat angerufen. Deine Eltern kommen erst zwei Wochen später zurück. Du darfst bleiben und sollst ab morgen erstmal hier zur Schule gehen." Anke sprang Achim fröhlich um den Hals.
WAS BISHER GESCHAH: Der 14jährige Achim Gröger verbringt seine Winterferien bei der Familie Müller, für deren Tochter Anke er schwärmt. Nachdem der Gastfamilie aus einer Geldkassette 5800 Mark gestohlen wurden, ermittelt Achim auf Ankes Bitte hin nun auf eigene Faust, um so den von der Polizei festgenommenen Hauptverdächtigen Herrn Meise zu entlasten. Achim bringt wenig später bei dem zuständigen Beamten Major Taubahn neue Indizien für Herrn Meises Unschuld vor, doch der Polizist läßt sich davon nicht überzeugen. Anke wird unterdess in eine Falle gelockt, aus der sie Achim aber wieder befreien kann. Außerdem erfährt Achim am letzten Ferientag, daß er noch zwei weitere Wochen bei den Müllers bleiben darf und so lange mit Anke zusammen die Schule besucht. Die Ermitllungen des Hobbydetektivs können weitergehen ...
Am anderen Morgen lenkten Anke und Achim gemeinsam ihre Schritte zur Schule. Sie gingen über den großen Flur und hielten an einer Tür mit der Aufschrift "Klasse 9a". Dann traten sie in den Raum ein. Vor Achim saßen, standen und packten seine neuen Mitschüler. Viele kannte Achim schon von seinen Ferienunternehmungen her. Die Klasse war ziemlich munter und immer zu Streichen aufgelegt. Achim setzte sich neben Lutz. Der begrüßte ihn mit: "Hallo. Hast Du heute Lust auf Schule? Es ist doch dunkel hier drin, oder? Und dafür haben wir schon was!" Damit zeigte er Achim ein merkwürdiges, selbstgebasteltes Ding. Es war ein Schukostecker, dessen Anschlüsse mittels einer einfachen Leitung untereinander verbunden waren. In einer Steckdose verursachte dieser Stecker einen Kurzschluß. Damit war das Licht aus, und man konnte im dunklen Klassenzimmer weder lesen noch schreiben. Achim war zwar nicht für solche Methoden, aber er sagte auch nichts dagegen.
Die erste Stunde war Chemie. In diesem Fach unterrichtete eine Frau Schrank. Sie war schon ziemlich mitgenommen von ihrer langen schulischen Tätigkeit. So wußte sie zum Beispiel oft nicht mehr, was sie erst vor kurzem gesgt hatte und machte viele Fehler. Und die Schüler trieben es mit ihr besonders schlimm. So fragten sie zum Beispiel immer wieder nach einer Lehrbuchseite, obwohl sie sie wußten. Viele erzählten im Unterricht, und Achims Vordermann aß dabei sogar. Besonders durchtrieben war die hintere "Dreierreihe". Sie bestand aus Frank, Anton und Uwe. Anton und Frank erzählten laut miteinander, und Uwe ärgerte Frau Schrank. Die nächste Stunde war Mathematik, Achims Lieblingsfach. Er hatte jede Menge Einsen, ein paar Zweier und eine Drei war auch dabei. Mathematik unterrichtete Frau Böhmer. Achim, Uwe und Frank gaben ihre Lösungen für die Tägliche Übung freiwillig ab. Achim bekam eine Eins, Uwe und Frank nur eine Drei. In der folgenden Physikstunde dachte Achim nur über den Diebstahl und seine bisherigen Erkenntnisse nach. Die Lehrerin Frau Reilitz bemerkte das und rief: "Achim, Du bist ein richtiges Faultier." Uwe und Frank kicherten. Dann wurde der Gleichstrommotor durchgenommen. Aber Achim war weiter nur in seine Ermittlungen vertieft. Die nächsten Stunden vergingen wie im Fluge. Achim merkte gar nicht, wie sich Herr Kurwe über Hans aufregte, welcher seine Musikstunde störte. Er bemerkte auch nicht, daß die Stunde bei Herrn Bert von keinem seiner Mitschüler verfolgt wurde.
Als Achim und Anke nach der Schule endlich zuhause angekommen waren, rief Achim plötzlich aus dem Zimmer: "Anke, ich hab's! Der Fall ist gelöst!" Anke war verblüfft und neugierig, doch Achim sagte: "Gedulden mußt Du Dich schon noch, bis zum Geburtstag Deiner Mutter in drei Tagen." Anke war zwar enttäuscht, aber einverstanden. Am Abend saß Achim in der Küche, hörte sich seine "Tonbbandkonserven" an, schrieb alles auf und füllte auf dem Tisch liegende Plastiktüten mit verschiedenen Beweisstücken. Beim Frühstück am nächsten Morgen gab Achim bekannt: "Ich weiß, wer das Geld geklaut hat!" Herr Müller sprang auf, Frau Müller ließ ihre Tasse fallen. "Wer?", fragten beide gleichzeitig. "Geduld.", sagte Achim und ließ sie "schmoren". Daniel war weniger überrascht, ja er schien fast vorbereitet.
Als Achim und Anke wenig später das Schulgebäude betraten, rief ihnen Hans zu, daß der Unterricht für die 9a heute ausfalle. Man kann nicht gerade sagen, daß Achim darüber traurig war. Auf dem Nachhauseweg bequasselte Anke ihn in ihrer Neugier solange, bsi Achim sagte: "Wenn Du keine Ruhe gibst, fahr ich noch heute ab, und Meise bleibt, wo er ist!" Zuhause angekommen nahm er ein Lineal und unterstrich in seinem "Beweismaterial" einige ihm wichtig erscheinde Textzeilen.
Am Nachmittag ging Achim zu einem der Nachbarn. Er stand vor dem großen, mit Verzierungen reich übersäten Haus mit der goldenen Nummer 16. Aus der Tür trat ein alter Mann. "Hallo Achim!", sagte er mit heiserer, schwacher Stimme, "Ich hab gestern im Lotto gewonnen, einen glatten Fünfer ... über 60000 Mark." - "Toll! Herzlichen Glückwunsch, Herr Kantner!", rief Achim begeistert. "Ach, was soll so ein alter Mann mit so viel Geld?! Frau Müller kann 6000 Mark von mir zum Geburtstag bekommen. Möcht bloß wissen, wer das Geld gestohlen hat!" - "Hab's rausbekommen!", sagte Achim, "Beim Geburtstag schnappt die Falle zu." Der Alte hob erstaunt den Kopf und sagte: "Das muß ich sehen! Daß der Meise es nicht war, habe ich mir gleich gedacht. Bis übermorgen abend!" Damit drehte er sich um und ging ins Haus zurück. Achim rief ihm nach: "Das mit den 6000 Mark ist gut. Sagen Sie das ruhig allen Nachbarn, ja?!" Der alte Mann drehte sich noch einmal um und nickte zustimmend.
WAS BISHER GESCHAH: Der 14jährige Achim Gröger wohnt vorübergehend bei der Familie Müller, für deren Tochter Anke er schwärmt. Nachdem der Gastfamilie aus einer Geldkassette 5800 Mark gestohlen wurden, ermittelt Achim auf Ankes Bitte hin nun auf eigene Faust, um so den von der Polizei festgenommenen Hauptverdächtigen Herrn Meise zu entlasten. Am Ende des zweiten Schultages nach den Winterferien begreift Achim plötzlich mithilfe seiner Kombinationsgabe anhand der von ihm zusammengetragenen Beweise, wer das Geld gestohlen hat. Sofort startet er seine umfangreichen Vorbereitungen für die feierliche Überführung des Täters während einer Geburtstagsfeier für Frau Müller. Solange müssen sich alle Beteiligten noch gedulden ...
Am Abend fragte Frau Müller Achim dann noch einmal, ob er es ihr nicht endlich erzählen wolle, wer der Täter ist. Doch Achim ließ sich nicht erweichen, er hielt all ihren Überredungsversuchen und sogar schlimmsten Beschimpfungen stand. Herr Müller, der sich für das Fußballspiel im Fernsehen schnell noch ein Bier aus der Küche holen wollte, sagte schließlich zu seiner Frau: "Du kannst es nicht abwarten! Laß ihn doch bis übermorgen!"
Frau Müller sprach danach mit dem Jungen nicht mehr über das Geld und den Dieb. Als Achim in sein Zimmer zurückkam, rief Daniel: "Ah, der Detektiv höchstpersönlich!" Und er machte einen Knicks. Anke und Achim mußten lachen. Achim sagte: "Jaja, spotte nur! Du wirst schon sehen!"
Am anderen Morgen war ein schulfreier Sonnabend. Achim sagte am Frühstückstisch plötzlich: "Nachher kommt ihr mal alle ins Wohnzimmer zu einer Besprechung." Nach dem Frühstück saßen alle gespannt im Wohnzimmer. Achim begann: "Erstens: Einladungen abgeschickt, Frau Müller?" - "Ja, Achim!" - "Gut. Also, wenn ich richtig liege, ist ein Gast der Täter. Ich habe folgenden Plan: ..." - "Hört, hört!", rief Daniel. Frau Müller ermahnte ihn zur Ruhe, und Achim fuhr fort: "... Wenn alle Gäste da sind, schließt Daniel die Türen ab. Frau Müller unterhält die Gäste. Gegen 22 Uhr bittet Frau Müller alle Gäste in unser Zimmer. Alles weitere übernehme ich! Gegen 22.30 Uhr müßte der Fall erledigt sein ... Ach ja, ich habe Herrn Kantner eingeladen. Gut?" Frau Müller nickte ihm zu.
Am späten Vormittag sagte Achim zu Frau Müller: "Ich muß noch mal weg, bin in einer Stunde wieder da!" Nach einer Dreiviertelstunde war er dann schon wieder zuhause. Frau Müller machte gerade die Hausreinigung. "Wo warst Du denn?", fragte sie. Aber Achim grinste nur und zuckte mit den Schultern. Nach dem Mittagessen holte Achim seinen Fotoapparat und verschwand dann wieder. Diesmal tauchte er nach einer halben Stunde wieder auf, verschwand aber mit dem Film aus der Kamera sofort wieder in der selbsteingerichteten Dunkelkammer. Am Abend nach dem Essen fiel Achim schließlich todmüde ins Bett.
Morgens um 10.30 Uhr rasselte der Wecker neben Achim. Er stand auf, zog sich an und frühstückte. Dann verließ er bis zum Mittag das Haus. Am Nachmittag erzählte Achim Frau Müller, daß ihr Herr Kantner 6000 Mark schenken wolle. Da wurden ihre Augen feucht. "Nett von ihm.", sagte sie. Um 18 Uhr kam der erste Gast. Es war Herr Kantner. Dann folgten Frau Martin, Major Taubahn und Herr Meise, der von Taubahn beobachtet wurde. Um 19.40 Uhr waren alle Gäste anwesend. Die Party begann. Daniel schloß die Türen ab. Es wurde Sekt verteilt, und eine fröhliche Stimmung stieg auf.
Gegen 22 Uhr bat Frau Müller wie verabredet die Gäste ins Nebenzimmer. Auf dem Tisch lagen Fotos, die Geldkassette, einige Kleidungsstücke und andere Dinge. "Liebe Gäste!", begann Achim plötzlich, "Der Grund, weshalb ich sie heute hier hergebeten habe, ist der, daß ich beweisen will, wer der Dieb war, der das Geld der Müllers gestohlen hat. Es dauerte ziemlich lange, bis ich den wahren Täter fand. Er ist unter uns! ... Wer konnte es denn sein? ... Ja, zunächst dachte ich wirklich, daß es Herr Meise war. Aber dann sprach die Anzeige in der Zeitung dagegen. Erst viel später kam ich zu der Erkenntnis, daß es ..." Es verbreitete sich Unruhe. Alle waren angespannt.
Achim fuhr fort: "... daß es Frau Martin war!" Er schaute auf die Beschuldigte. Diese entgegnete entrüstet: "Du verdammter Lausebengel! Das ist ja wohl die Höhe! Ich knall Dir gleich eine, daß Dir Hören und Sehen vergeht." - "Moment, ich liefere ihnen den Beweis. Wie ging der Diebstahl in jener Nacht vor sich? ... Übrigens war der Plan ziemlich raffiniert. Aber Sie machten auch viele Fehler, Frau Martin. ... Nachdem alle im Hause schlafengegangen waren, kam Frau Martin ins Haus ..." Major Taubahn unterbrach Achim: "Es gab aber keine Spuren, Herr Holmes." - "Ja, Frau Martin kam ja auch durch keine der beiden Türen. Als ich Frau Müller zu einem alten Zwischengang zwischen ihrem Keller und dem von Frau Martin befragte, antwortete sie, daß den Zweitschlüssel Frau Martin hätte und daß die Tür schon lange nicht mehr benutzt worden sei. Die Tür war aber unverschlossen, und in einer Ritze steckte ein blauer Kleiderfetzen, der ...", und er hob eine blaue Kittelschürze in die Luft, "... zu dieser Schürze gehört, wie man leicht sieht." Frau Martin geriet außer sich: "Das wird ja immer schöner, auch noch stehlen! Lausebengel, Du verdammter!" - "Moment!", erwiderte Achim, "Sie haben die Schürze einem Jungen gegeben, der angeblich von der Wäscherei kam, nämlich meinem Freund Lutz." Frau Martin machte ein zorniges Gesicht: "Hinterlistiges Pack, verflucht sollt ihr sein!"
Major Taubahn war verblüfft, fing sich dann aber und fragte: "Und wie ist Frau Martin ohne Gewaltanwendung an den Inhalt der Geldkassette gekommen, großer Meister?" - "Nun, wieder mit einem Zweitschlüssel. Die Kassette hatte Frau Müller von Frau Martin bekommen. Diese sagte, daß es nur noch einen Schlüssel gibt. In Wirklichkeit jedoch hatte sie den Zweitschlüssel selbst behalten. Da sieht man, wie lange Frau Martin die Möglichkeit eines Diebstahls schon in Betracht zog und wie lange die Tat vorher geplant war."
"Das genügt noch nicht als Beweis.", sagte Major Taubahn. "Es geht ja auch noch weiter.", erwiderte Achim ruhig, "Außerdem fand ich nämlich im Innern der Geldkassette einen blauen Faden, der - wie die Spurensicherung sicher bestätigen wird - ebenfalls zu der blauen Schürze von Frau Martin gehört. Und dann hat Daniel in der Nacht des Diebstahls auch noch ein Piepen gehört und dachte daher, daß Mäuse im Keller waren. Es sind aber keine Mäuse da. Das Piepen war vielmehr das Quietschen der Kellerdurchgangstür. ... Ich hoffe, Sie wissen jetzt genug, um der schamlosen Nachbarin für einige Jahre ein neues Zuhause zu geben, Major Taub..." Weiter kam Achim nicht.
Es gab einen Knall. Die Glühbirne der Deckenlampe zersprang. Die Zimmertür ging auf und schlug dann wieder zu. Von außen wurde der Zimmerschlüssel im Schloß bewegt. Frau Martin war geflohen und hatte alle im Zimmer eingesperrt.
WAS BISHER GESCHAH: Der 14jährige Achim Gröger wohnt vorübergehend bei der Familie Müller, für deren Tochter Anke er schwärmt. Nachdem der Gastfamilie aus einer Geldkassette 5800 Mark gestohlen wurden, ermittelt Achim auf Ankes Bitte hin nun auf eigene Faust, um so den von der Polizei festgenommenen Hauptverdächtigen Herrn Meise zu entlasten. Mithilfe seiner Kombinationsgabe und anhand der von ihm zusammengetragenen Beweise kann Achim auf der Geburtstagsfeier von Frau Müller die Nachbarin Frau Martin eindeutig des Diebstahls überführen. Noch bevor sie von dem ebenfalls anwesenden und für den Fall zuständigen Polizeibeamten Major Taubahn festgenommen werden kann, gelingt es ihr allerdings, auf spektakuläre Weise zu fliehen. Wird sie so etwa am Ende doch noch ihrer Bestrafung entgehen können? ...
"Verdammt, jetzt ist sie weg! Zu dumm.", brach es aus Taubahn heraus. Doch Achim klopfte ihm auf die Schulter und sagte ruhig: "Sie kommt nicht weit. Alle Türen sind verschlossen. Und den Kellergang hat Frau Martin von ihrer Seite her selbst versperrt. Natürlich hatte sie ihren Zweischlüssel bei sich, aber Lutz hat ihn ihr im festlichen Gedränge entwendet. Im Keller haben sich außerdem auch schon meine Freunde Frank und Uwe hinter den Kartoffeln versteckt. Sie werden, sobald Frau Martin den Kellergang betreten hat und in ihrer Jackentasche den Schlüssel sucht, den Gang auch vom Keller der Müllers aus verschließen. So haben wir dann doch noch eine Maus im Keller gefangen!" Achim lachte. Der Schlüssel in der Zimmertür bewegte sich inzwischen erneut. "Das ist Hans.", erklärte Achim dem verblüfften Taubahn, dem der Mund weit offen stand. Minuten später war der ganze Spuk vorbei. Taubahn gratulierte Achim: "Hätte ich gar nicht gedacht von Dir, Achim. Also ... Herzlichen Glückwunsch und Entschuldigung, daß ich Dir nicht gleich geglaubt habe!" - "Schon gut, Major!"
Am nächsten Morgen stand in der Zeitung ein großer Artikel mit der Überschrift: "Jugendlicher löst Kriminalfall ganz ohne polizeiliche Hilfe". Und darunter war eine Aufnahme von Achim. Plötzlich war Anke im Zimmer. Sie umarmte Achim und gab ihm einen langen, zärtlichen Kuß - einen, daß ihm fast die Luft weg blieb. Dann sagte sie, indem sie sich wieder von seinen Lippen löste: "Weißt Du, Achim?! ... Ich ... ich hab das noch zu keinem Jungen gesagt ... Wie soll ich das nur sagen? ... Ich hab so ein komisches Gefühl im Bauch ... mein Herz flattert ... und doch ist es ein schönes Gefühl. Ich glaub ... ich ... ich ... liebe ... Dich!" Achim holte tief Luft und erwiderte: "Ich Dich auch ... Das ist bei mir zum ersten Mal." Dann umschloß er sie mit seinen Armen und ...
Ein harter Aufprall weckte ihn. Er lag neben seinem Bett auf dem Fußboden. Anke schlief im Bett auf der anderen Seite des Zimmers. Sie schreckte plötzlich auf, brach aber im nächsten Moment in herzhaftes Lachen aus. Achim fragte, noch ein wenig angeschlagen: "Kann ich zu Dir ins Bett kommen?" Anke erwiderte erstaunt: "Aber Achim! ... Na los komm, schon!" Wenig später schliefen beide eng umschlungen ein. Achims geheimste Träume waren erfüllt, ja übererfüllt, worden.
In diesem Moment erwachte Achim. Ja, das war alles nur ein Traum gewesen, und der darin enthaltene Traum vom Schlüpfen in die Rolle eines Detektivs war ein Traum im Traum. Trotzdem hatten beide Situationen einmal real existiert. Jedoch vor langer, langer Zeit. Achim ist jetzt nicht mehr 14, sondern schon 32 Jahre alt. Neben ihm im Ehebett liegt seine Frau Anke Müller ... besser gesagt: Anke Gröger. Und nun betreten auch ihre beiden Kinder das Zimmer ... Bert und Horst. Bert ruft voll Begeisterung: "Mutti! Vati! Später, wenn ich einmal groß bin, werde ich Detektiv, ja?!" Da schauen sich die beiden Eltern an und müssen plötzlich lachen. Und Achim beginnt: "Es war vor 18 Jahren. Da hatte ich den selben Wunsch wie Du. Eines Tages wurde bei Muttis Eltern eingebrochen ..." Und nun erzählt er die ganze Geschichte. Wie er mit seinen Ermittlungen die Polizei übertraf, wie er den scheinbar so "klaren Fall" löste und was danach geschah. Dann geht er an den Nachtschrank, greift in eine der Schubladen, kramt ein Buch heraus und zeigt Bert und Horst voller Stolz den Titel auf dem Umschlag: "Achim als richtiger Detektiv".
Original Manuskript fertiggestellt am: 15.06.1987